Predigt anläßlich der Entlassung aus dem Gemeindeunterricht zu 1. Kor, 18 + 23-27a

Einleitung:

Liebe Jugendliche, die ihr heute aus dem Gemeindeunterricht entlassen werdet. Oliver hat mich streng ermahnt, heute keine lange Predigt zu halten und so möchte ich darauf verzichten, auf jedes einzelne Detail einzugehen, das ihr in den vergangenen eineinhalb Jahre eigentlich hättet lernen müssen.

Aber da ich weiss, dass anlässlich dieses Ereignisses einige Gäste mit evangelischem Hintergrund hier sind und daher möchte ich damit beginnen einmal zu erklären, was denn der Unterschied zwischen einer Konfirmation und der Entlassung aus dem Gemeindeunterricht ist. Hintergrund ist der Unterschied im Taufverständnis und in der Taufpraxis, wie sie in der evangelischen Kirche gelebt wird, im Gegensatz zu unserer Gemeinde, einer baptistischen Gemeinde.

Die Konfirmation

Wie Ihr alle wisst praktiziert die evangelische Kirche die Kindertaufe. Da werden kleine Babys zur Kirche gebracht und gemäss dem Willen der Eltern getauft. Dies geschieht in Berufung auf die Bibel, wo es im Markusevangelium im Kapitel 16 heisst: „Wer glaubt und sich taufen lässt, der wird gerettet“. Taufe ist also ein wichtiger Bestandteil des christlichen Lebens. Aber auch die evangelische Kirche hat gemerkt, dass da noch etwas wesentliches fehlt. Der Vers spricht vom Glauben und ein kleines Baby wird diesen Glauben nicht verstehen, geschweige denn ausdrücken können.

Nein, glauben kann man erst als Erwachsener, wenn man versteht, worum es eigentlich geht, wenn man die Person Jesus, kennengelernt hat und wenn man in der Lage ist, eigene Entscheidungen für sich treffen zu können. Dies alles ist bei einem Baby nicht gegeben und daher benötigt die evangelische Kirche etwas, was dem erwachsen werdenden Kind ermöglicht, diesen Glauben auszudrücken. Genau das ist die Konfirmation, die Bestätigung der als Baby empfangenen Taufe. Und bevor man zur Konfirmation geht, muss man erst lernen, worum sich der Glaube eigentlich dreht und das ist der Konfirmationsunterricht.

Gemeindeunterricht als Beginn eines Weges

Nun, wir befinden uns aber in einer baptistischen Gemeinde. Die Baptisten betonen nicht ganz zu unrecht, dass Taufe ein sinnloser Akt ist, wenn der Täufling nicht seinen Glauben ausdrückt. Und daher lehnen die Baptisten eine Kindertaufe ab und kennen daher auch die Konfirmation nicht. Trotzdem müssen die heranwachsenden Kinder lernen, worum es beim Glauben geht und dafür ist der Gemeindeunterricht gedacht, den ihr jetzt alle hinter Euch gebracht habt.

Und das bedeutet aber auch, dass das Ende des Gemeindeunterrichtes nicht das Ende eures Wegs mit Gott ist, sondern eigentlich erst der Anfang. Ihr habt jetzt die wichtigsten Dinge gelernt, die in der Bibel stehen. Ihr habt die wichtigsten Gebete und Praktiken unserer Gemeinde gelernt, ihr habt die Geschichten von Jesu Geburt, seinem Leben, seinem Tod und seiner Auferstehung gehört. Ihr solltet also wissen, worum es geht. Aber bedeutet das, dass Ihr damit Christen seid?

Der Weg zum Glauben

Zu Christen werdet ihr, wenn ihr euch hinstellt und sagt „ja, ich glaube, ich glaube, dass Jesus für mich gestorben ist, ich glaube, dass Jesus auferstanden ist und heute noch lebt, ich möchte Jesus folgen“. Wenn ihr das so tatsächlich meint und dies auch öffentlich bekennt, erst dann könnt ihr Euch als Christ bezeichnen und in unserer Gemeinde würde auf ein solches Bekenntnis dann die Taufe erfolgen.

Und was meint ihr. Sagt man ein solches Bekenntnis, wenn man das gelernt hat, was ihr jetzt gelernt habt? Genügt es, Wissen anzuhäufen, um zum Christ zu werden? Genügt es, die Geschichten zu kennen, die in der Bibel stehen? Ihr werdet es euch denken können. Nein, das genügt nicht. Es gibt sehr viele Menschen, die sich ausgezeichnet in der Bibel auskennen, die mehr wissen als wir alle zusammen, die wir hier im Gottesdienst sitzen, aber die dennoch dieses Glaubensbekenntnis nicht sprechen können. Für diese Menschen sind das, was in der Bibel steht, nur Geschichten, Märchen, aber nichts, was das Leben verändert, was den Tod überwindet, was eine Zukunft gibt.

Eure Aufgabe, jetzt, wo ihr den Gemeindeunterricht abgeschlossen habt, ist es also, euren ganz persönlichen Weg zu Gott zu finden. Diesen Weg könnt ihr nur alleine gehen. Eure Eltern, eure Freunde oder irgendwelche Personen in der Gemeinde können euch eventuell helfen, können für euch beten, können mit euch diskutieren und Meinungen austauschen, aber gehen, gehen müsst ihr ganz allein. Das Ziel ist es, ein JA zu Gott zu finden.

Fragen stellen

Dieses Ziel könnt ihr vielleicht schon morgen finden, aber vielleicht auch erst in ein paar Jahren. Ihr seid, selbst wenn ihr schon sehr erwachsen seid, noch sehr jung. Es gibt noch so unendlich viel zu entdecken, zu erleben, zu erforschen. Der Weg zu Gott ist mit Fragen nur so gepflastert. Ich selbst habe mein Lebtag Fragen gestellt und stelle auch heute noch immer wieder neue Fragen, an Gott, an die Welt, an meine Mitmenschen und an mich selbst. Und selbst jetzt, nach 20 Jahren des Christ seins, könnte ich Euch aus dem Stegreif eine ganze Liste von Fragen geben, an denen ich erst an der Oberfläche geknabbert habe. Die Antworten, die ich für mich gefunden habe, würden Euch vielleicht auch gefallen, aber ich sage Euch, es macht viel mehr Freude, sie selbst zu entdecken.

Aber vielleicht seid ihr auch ganz anders gestrickt. Vielleicht stören Euch die ganzen Fragen ja, vielleicht habt ihr ja das Gefühl, ihr würdet nie irgend etwas verstehen können, vielleicht denkt ihr, dass ihr erst dann glauben könnt, wenn ihr all das wisst, was ihr jetzt noch nicht wisst.

Gottes Weisheit

Nun, wenn das so ist, dann habe ich einen sehr schönen Bibeltext für euch, einen Text, der auch für heute im internationalen Bibelleseplan als Predigttext ausgesehen ist und über den ich die ganze Zeit gepredigt habe, ohne dies zu erwähnen. Ich lese einmal Teile dieses Textes vor, aus dem 1. Brief des Paulus an die Korinther Kap. 1, die Verse 18, 23-27a

Denn das Wort vom Kreuz ist denen, die verloren gehen Torheit, uns aber, die gerettet werden, ist es Gottes Kraft. ...

Die Juden fordern Zeichen, die Griechen suchen Weisheit, wir dagegen verkündigen Christus als den Gekreuzigten, für Juden ein empörendes Ärgernis, für Heiden eine Torheit, für die Berufenen aber, Juden wie Griechen, Christus Gottes Kraft und Gottes Weisheit. Denn das Törichte an Gott ist weiser als die Menschen und das Schwache an Gott ist stärker als die Menschen. Seht doch auf eure Berufung, Brüder. Da sind nicht viele Weise im irdischen Sinn, nicht viele Mächtige, nicht viele Vornehme, sondern das Törichte in der Welt hat Gott erwählt.

Die Situation in Korinth

Korinth war damals vor 2000 Jahren eine grosse Stadt in Griechenland. Sie gehörte zum römischen Reich und war natürlich von römischen Truppen besetzt. Aber die Griechen waren damals so etwas wie die Schlaumeier der Welt, sie hatten tiefe und kluge Philosophien entwickelt. Und natürlich gab es in dieser Stadt auch eine grössere Gruppe von Juden.

Als Paulus zuerst in diese Stadt kam, hat er sich natürlich auch an diese Menschen gewandt, an die Priester, die Vornehmen, die Philosophen. Aber die meisten waren viel zu eingebildet auf ihre Macht und ihre Klugheit, um auf diesen Wanderprediger Paulus zu hören. Jemand, der am Kreuz gestorben ist, ist wieder auferstanden? Dieser Jemand ist als Sühneopfer für das Schlechte gestorben, das ich getan habe und tue? Blödsinn. So haben diese Leute damals gesagt. Aber die Niedrigen, die die nicht lesen und schreiben konnten, die Sklaven, die die keine Chance hatten im Leben, die haben auf Paulus gehört und haben ihren Weg zu Gott gefunden.

Abschluss

Dieses Beispiel zeigt, dass man nicht gebildet sein muss, nicht alles Wissen haben muss, um zu Gott zu gehören. Aber meine eigene Erfahrung ist das, was Paulus gesagt hat: Gottes Weisheit ist grösser als die Menschen. Und von Gott kann man Antworten erhalten, die man sich nicht vorzustellen vermag. Deshalb möchte ich euch auffordern, selbst zu fragen, selbst zu forschen. Ich kann nicht vorhersagen, was euch erwartet, aber der Preis, den ihr erringen könnt, ist es wert, danach zu suchen.