Predigt über1. Mose 8, 18-22

Einleitung:

Spielt Ihr gerne am Computer? Spielen ist ja für viele Erwachsene etwas, was man eher selten tut und gar Computerspiele zu spielen ist für einen erwachsenen Christen nach meiner Erfahrung recht selten. Meist fehlt die Zeit oder das Interesse, solche Spiele zu spielen und dann gibt es einfach so viele gewaltverherrlichende Spiele, von denen man wirklich besser die Finger läßt.

Aber ab und zu sind Spiele darunter, die eine wirklich interessante Idee haben. Eine von diesen Spielen, das vor Kurzem in einer zweiten Version herausgekommen ist, heißt Black and White und in dem Spiel geht es um nicht mehr und nicht weniger, als Gott zu spielen. Das Ziel des Spiels ist es, die Geschicke eines computergenerierten Volkes zu lenken, indem man sich eine Kreatur, eine Art Tiger oder Löwe, als Führer heranzieht. Und diese Kreatur hat einen durchaus sehr eigenen Willen. Sie ist unbeholfen, egoistisch und hört nur selten auf die Gebote, die man ihr geben kann. Also muß man sich seine Kreatur erziehen. Belohnt man sie zu viel, dann wird sie faul und anspruchsvoll, bestraft man sie zu viel, dann wird sie grausam und hinterhältig, es geht also darum, die richtige Balance zu halten.

Mit dieser Idee trifft dieses Spiel eines der grundlegenden Fragen von Menschen. Was würde ich tun, wenn ich Gott wäre? Und es macht auch klar, dass Gott sein nicht unbedingt ein Zuckerschlecken ist. Gerade Jugendliche oder Menschen, die dem Glauben an Gott ferne stehen, stellen sich das in der Regel zu einfach vor. Oft lese ich in den Internetforen, in denen ich unterwegs bin, die Frage, warum Gott nicht einfach das Böse ausrottet und nur das Gute übrig läßt, so nach schöner amerikanischer Denkart, wo nach einem heissen Feuergefecht die Bösen getötet sind und nur der Held und seine Braut übrig sind.

Diejenigen unter uns, die sich ein wenig in der Bibel auskennen, wissen, dass Gott genau das tatsächlich schon einmal versucht hat. Er hat die Erde geprüft und fast nichts Gutes darin gefunden. Also hat er sich gesagt, „weg damit“ und wollte all das Böse, all das Negative wegspülen, reinigen und von vorne anfangen. Neu beginnen mit Menschen, die ihn ehren, mit Menschen, die nichts Böses im Sinn haben, mit Menschen, deren Herz an Gott hängt. Doch kaum hat er das getan, kaum hat er sein Vorhaben ausgeführt, muß Gott sich sagen: „Das nützt nichts, all die Anstrengungen waren vergeblich, das ist einfach der falsche Weg“

Genau von diesem Augenblick handelt unser heutiger Predigttext. Er steht in 1. Moses 8, die Verse 18 bis 22

Der Predigttext

So ging Noah heraus mit seinen Söhnen und mit seiner Frau und den Frauen seiner Söhne, dazu alle wilden Tiere, alles Vieh, alle Vögel und alles Gewürm, das auf Erden kriecht; das ging aus der Arche, ein jedes mit seinesgleichen.

Noah aber baute dem HERRN einen Altar und nahm von allem reinen Vieh und von allen reinen Vögeln und opferte Brandopfer auf dem Altar.

Und der HERR roch den lieblichen Geruch und sprach in seinem Herzen: Ich will hinfort nicht mehr die Erde verfluchen um der Menschen willen; denn das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf. Und ich will hinfort nicht mehr schlagen alles, was da lebt, wie ich getan habe.

Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nach

Der Textzusammenhang

Die Katastrophe ist vorbei, die Wasser sind verlaufen. Fast ungläubig, dass keine Lebensgefahr mehr besteht, steigen die Überlebenden aus. Man fühlt sich an New Orleans erinnert und an andere Überschwemmungskatastrophen. Doch hier bleiben die Rettungshubschrauber aus, die Familie Noah muß alleine von vorne beginnen. Eines der ersten Dinge, die sie macht, ist den zu ehren, dem sie ihr Leben verdanken. Noah baut einen Altar und bringt Opfertiere dar.

Und Gott? Gott sagt sich: „So etwas mache ich nicht noch einmal“. Gott segnet die Erde, er will sie nicht mehr verfluchen bis dass das Ende kommt. So etwas hören wir gerne, so etwas nehmen wir gerne an. Aber was für eine Begründung gibt Gott? Der Mensch ist Böse von Jugend an. Das ist ja die Höhe. Da hat Gott die gerechtesten der Gerechten vor sich, diejenigen, die ihm am Nächsten stehen und die auch genau wissen, dass sie ihn ehren müssen. Und alles, was Gott einfällt ist, dass auch diese böse sind von Jugend an?

Dabei hatte sich das zunächst einmal ganz anders angehört. Als Gott in 1. Mose 6, Vers 5 eine Bestandsaufnahme machte, da fand er nicht viel Gutes auf der Erde, schon dort hat er festgestellt, dass die Menschen böse sind von Jugend an. Doch da war seine Konsequenz eine andere. Dort hat es ihn gereut, Leben erschaffen zu haben, da wollte er alles zerstören, alles vernichten, seine Schöpfung rückgängig machen.

Aber einen Menschen, der gerecht war vor seinen Augen, den hat er gefunden. Es war Noah. Und obwohl Gott eigentlich den Plan gefasst hatte, alles zu vernichten, was da lebt, will er diesen Noah und seine Familie retten. Was dann kommt ist aus Sonntagsschule und Kinderbibel hinreichend bekannt. Noah baut unter dem Spott der Leute die Arche und rettet sich und viele Tiere vor der heranbrechenden Flut. Gut ein Jahr schwimmen sie zwischen Hoffen und Bangen. Schliesslich sitzen sie fest und schicken der Reihe nach einen Raben und eine Taube aus bis schliesslich das Signal kommt „es ist vorbei“.

Die menschliche Sicht

Noah und seine Familie müssen ganz von vorne anfangen, aber ich glaube nicht, dass dies für sie ein Problem war. Als bronzezeitliche Ackerbauern lebten sie seit jeher eng mit der Erde verwurzelt, sie waren es vermutlich gewohnt, wilden Boden zu bestellen und darauf Getreide und Tiere zu züchten. Sie waren mobil und flexibel, nicht so zivilisationsverwurzelt wie wir dies sind. Aber sie waren auch viel stärker abhängig von der Natur, sie waren darauf angewiesen, dass Regen fiel, die Jahreszeiten regelmässig kommen und dass sich die Natur insgesamt so verhält, wie sie es brauchen, um genug Nahrung heranschaffen zu können.

Noah hatte noch keine große Technik, aber er hatte einen großen Glauben. Er wusste, wem er dies alles zu verdanken hatte und machte es sich zur Regel, Gott die Ehre zu geben. So entstand der Altar, so entstanden die ersten rituellen Zeremonien aus denen sich all die Dinge entwicklelten, die wir heute kennen, Gottesdienst, Gebetsgemeinschaften, Pfarrer, Diakonie usw. usw. Die Sicht von Noah, die menschliche Sicht, die aus unserem Predigttext spricht, ist völlig normal und sehr verständlich.

Die göttliche Sicht

Aber der Text lässt uns auch Teilhaben an den Gedanken Gottes in einer Art und Weise, wie sie neben dem ersten Buch Mose nur noch im Buch Hiob vorkommt. Beide Bücher gehören zu den ältesten Schriften der Bibel. Und dieses Teilhaben an den Gedanken Gottes macht uns Schwierigkeiten. Gott scheint zu handeln und zu reagieren wie ein Mensch. Im Buch Hiob lässt er sich vom Satan dazu verleiten, Hiob den Angriffen des Satans auszuliefern. Und hier in unserem Predigttext redt Gott so wie ein menschlicher Herrscher, der im Zorn eine unbedachte und unnütze Tat tut und die er jetzt bereut, nachdem er von seinen Untergebenen mit einem guten Essen beruhigt worden ist. Was sollen wir mit einem Text machen, der Gott so menschlich darstellt? Ist Gott wirklich wie ein irrender, resignierender König, der sich von seinen menschlichen Beratern beeinflussen lässt, wie dies zum Beispiel durch Abraham und Moses geschehen ist in ihren Verhandlungen mit Gott?

Eine solche Frage kann nur jemand aus unserer Zeit stellen. Nur jemand, der wie wir tausende Jahre nach diesen Ereignissen lebt, der griechische Philosophie und katholische Theologie als kulturelles Erbgut mitbringt, nur der kommt auf die Idee, so zu fragen. Gott ist derselbe zu allen Zeiten, aber das Bild, das wir Menschen uns machen, das ändert sich. Und ein Gott, der nicht souverän über den menschlichen Schwächen thront, ein Gott, der nicht allwissend ist und die Zeit in ihrer Vollkommenheit nicht im Griff hat, der ist in unseren Augen nicht wert, Gott genannt zu werden.

Und daher ist es auch für mich unvorstellbar, dass Gott erst nach der Flut erkannt hat, dass dieses Unheil vergeblich war, dass die beinahe-Ausrottung allen Lebens auf der Erde nicht die Wende zum Guten mit sich bringen würde. Ich komme nicht daran vorbei, dass alles Teil von Gottes Plan war, nicht nur das Gerichtshandeln, nicht nur die Bewahrung der Familie Noah, nicht nur der Segen und der Bund, den Gott mit Noah abschliesst, nein auch die Tatsache, dass das Böse nicht ausgerottet ist, sondern bleibt, weil es durch jeden einzelnen Menschen mitgetragen wird.

Gottes Plan von Anfang an

Wenn dem so ist, warum sagt die Bibel uns das nicht so deutlich, warum müssen wir uns dann mit einem so merkwürdigen Text abmühen? Weil die Bibel für alle Menschen zu allen Zeiten geschrieben ist. Zu den Zeiten Noahs oder zu den Zeiten des israelischen Königtums waren die Bilder der Menschen andere. Könige wurden als Götter verehrt und Götter hatten viele menschliche Schwächen. Liest man die römischen oder griechischen Göttersagen, dann stellt man fest, dass es dort auch nicht besser zuging als bei uns Menschen. Dass Gott daher in seinen Handlungen und seiner Art zu herrschen wie ein babylonischer Großkönig regiert, war für die Menschen damals ein selbstverständliches Bild, wie der Teil unseres Predigttextes zeigt, dass Gott nach dem gut riechenden Opfer wohltätig gesinnt ist. Gott ist derselbe zu allen Zeiten, aber die Menschen haben ihn anders gesehen und das drückt sich in unserem Text aus.

Die im Zusammenhang resignierend klingende Feststellung „Der Mensch ist Böse von Jugend an“ ist keine neue Erkenntnis Gottes nachdem die Flut vorüber war, sondern eine Feststellung, die in diesem Augenblick den Menschen, die diesen Text lesen, mitgeteilt wird. Es ist eine Feststellung, die das Kommen Jesu bereits in sich trägt.

Denn vergleicht man diese Feststellung einmal mit 1. Joh. 1,8 dann heisst es da: „Wenn wir sagen, wir haben keine Sünde, so betrügen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns.“ Es ist im Grunde dieselbe Aussage, wie der Noah-Text. Der Mensch trägt die Trennung von Gott in sich und kein Gericht, keine Bestrafung kann ihn mit Gott verbinden. Bereits zu diesem Zeitpunkt stand fest, dass Gott einen neuen, einen ungewöhnlichen Weg gehen muß, um die Menschen zu erlösen.

Das ist für einen Text, der so alt ist wie der Noah Text eine überraschende Feststellung. Denn noch tausende Jahre später war der Weg Gottes eigentlich der des Gesetzes. Gott erwählte sich exemplarisch das Volk Israel und hat ihm seine Gebote gegeben mit einem ausführlichen und hart eingeforderten Verhaltenskodex. Es waren ja nicht nur die zehn Gebote, es waren Bekleidungsvorschriften, es waren Opferrituale, es waren Essensvorschriften. Und dennoch war von Beginn an klar, dass dieser Weg des Gesetzes scheitern musste. Paulus beschreibt im Brief an die Römer Kapitel 7, wie erst durch die Gesetze klar wird, dass die Sünde Sünde ist und eben dadurch den Tod bringt. An dem Gesetz konnte endgültig jedem klar werden, dass mit Vorschriften und Bestrafungen kein Blumentopf zu gewinnen ist.

Warum das alles?

Ich denke, dass dies Gott von Beginn an klar gewesen ist. Wieder gilt die Aussage, dass Gott derselbe ist gestern und heute. Aber es ist der Mensch, der sich ändert. Hätte ein Noah, ein Abraham, ein Moses, ein David den Opfertod Jesu verstehen können? Ich weiß es nicht, aber ich bezweifle es. Denn selbst heute noch, 2000 Jahre nach Jesu Kommen, ist das gesetzliche Denken in christlichen Kreisen noch weit verbreitet. Wie leicht sind wir dabei, anderen vorschreiben zu wollen, was sie zu tun oder zu lassen haben und natürlich immer mit der Begründung, dass Gott das so von uns fordert. Und wenn wir so etwas tun, wo wir doch in einer Zeit und in einer Gesellschaft aufgewachsen sind, die Autorität, Vorschriften und Gebote eher gering achten, wie viel schwieriger, wenn nicht gar unmöglich, wäre das Verständnis von Jesu Art der Vergebung zu Noahs, Abrahams oder Mose Zeiten gewesen.

Das bedeutet aber nicht, dass das Gesetz schlecht ist. Paulus hat das in Römer Kapitel 7 ausführlich diskutiert. Das Gesetz beschreibt das Verhalten so, wie es sein sollte. Aber es beschreibt kein Verhalten, zu dem wir gezwungen werden müssen oder gar können. Es beschreibt das Verhalten, wie wir es ganz selbstverständlich tun sollten, wären wir ehrlich und wirklich mit Gott verbunden. Aber das sind wir nicht. Wir sind Böse von Jugend an, die Trennung ist da, das Gesetz macht deutlich: Wir versagen vollständig und es gibt kein Gericht, keine Bestrafung, kein Zorn, der uns vom Versagen abhalten würde.

Ich sehe viele Parallelen mit der Entwicklung eines Kindes. Im Alter von etwa 4-6 Jahren ist es für Kinder enorm wichtig, Strukturen, Gebote und Gesetze zu haben. Kinder müssen wissen, das ist erlaubt und das ist verboten und das Gerechtigkeitsempfinden ist auch daran ausgerichtet. Das hindert die Kinder natürlich nicht daran, die Grenzen der Gebote auszuprobieren und durch Erfahrung bestätigen zu lassen, was ihnen gesagt ist. Mit zunehmenden Alter lernen die Kinder dann (hoffentlich), dass Gesetze und Gebote nicht starr sein dürfen, sondern von der Situation abhängen. Ein Gebot, dass im allgemeinen gut und richtig ist, kann in speziellen Situationen zu einer Grausamkeit werden. Kinder müssen lernen, dass es letztlich nicht um Gesetze, sondern um Liebe geht und dass da, wo echte Liebe herrscht, das Gesetz aufhört zu wirken.

Und so ist mein Blick auf das alte Testament im allgemeinen und auf unseren Predigttext im Besonderen, dass hier die Kindheit der menschlichen Kultur liegt. Die Menschen haben erst wenig von Gott gelernt und begriffen, sie leben gesetzlich orientiert wie ein Kind und denken über Gerechtigkeit wie ein Kind. Und Gott passt sich mit seinem Handeln an seine Kinder an, auch wenn er bereits erwachsen ist und damit auch weiss, wie töricht, wie kindlich unser Verhalten ist.. Doch wenn die Menschen damals wie Kinder waren, was sind wir dann heute, erwachsen? Ich denke nicht. Wir sind eher in der rebellischen Pubertät, wo uns die Freiheit vom Vater lieber ist als die Lehren, die wir aus seinem Handeln ziehen könnten.

Doch Gott will, dass wir erwachsen werden, und das ist eine Lehre, die wir aus dem Noah-Text ziehen können. Wir sollen uns lösen von der Idee der absoluten Gerechtigkeit, in dem jeder Fehl, jedes Vergehen minutiös aufgerechnet wird, wo der Mensch in Wiedergeburten oder in Fegefeuern erst abbüßen muß, bevor er zu Gott darf. Es war Gott selbst, der für uns gebüßt hat. Nicht wir haben uns durch gute Taten reingewaschen, Jesus hat uns reingewaschen. Und so wie Gott mit uns umgeht, so sollen auch wir mit denen umgehen, die sich nicht an Gottes Gebote halten. Der einfache Ruf nach Rache oder Gerechtigkeit ist in vielen Situationen sehr naheliegend und verständlich. Aber wir als Christen sollten uns bewusst sein, dass Gott einen anderen Weg geht, auch wenn wir das nur sehr schwer schlucken können, wenn wir selbst die Opfer sind.

Gott segnet

Doch wenden wir unseren Blick noch einmal auf den Predigttext. Nach dieser Feststellung Gottes, dass der Mensch böse ist von Kindesbeinen an, folgt eine interessante Konsequenz. Gott segnet die Erde. Er verspricht, sie nicht mehr zu verfluchen, bis das Ende an sich da ist und er verspricht, dass nicht mehr aufhören wird Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht. Was verspricht Gott da?

Nun erst einmal verspricht er etwas, was damals den Menschen enorm wichtig gewesen ist. Diese haben die Erfahrung gemacht, dass ihre Existenz von der Regelmässigkeit der Natur abhängt. Bleibt der Regen aus, dann gibt es eine Hungersnot, bleibt die Kälte des Winters aus, dann gibt es eine Insektenplage, bleibt die Wärme des Sommers aus, dann verdirbt die Ernte usw. usw. Durch seinen Segen verspricht Gott, dass die Lebensgrundlage der Menschen gesichert ist, auch wenn es natürlich nach wie vor die Schwankungen des Wetters geben wird. Aber sie sind nicht von Dauer. Der Mensch kann sich darauf einstellen, das Leben an sich und das Leben der Menschheit ist nicht mehr bedroht. Für die Menschen damals hiess das, dass sie dem Chaos nicht ausgeliefert waren, das Gott ja gerade durch seine Schöpfung besiegt hatte, sondern dass sie sich auf die Regelmässigkeit der Natur verlassen können.

Moderne Naturwissenschaft

Für mich als Naturwissenschaftler bedeutet dieser Ausspruch noch etwas anderes. Gott macht sich berechenbar. Er unterwirft sich den Regelmässigkeiten eines berechenbaren Verhaltens und macht Naturwissenschaften damit überhaupt erst möglich. Denn Naturwissenschaft ist nichts anderes als der Versuch, wiederholbares und berechenbares Verhalten der Natur zu beschreiben. Und da die Naturwissenschaft die Grundlage unserer technischen Entwicklungen ist, sehe ich in diesem Segen Gottes auch die Grundlage unserer Zivilisation heute. Indem wir die Naturwissenschaft benutzten, machen wir nicht etwas, was gegen Gott läuft, wir machen etwas, was Gott für uns vorgesehen hat.

Die Menschheit am Scheideweg

Doch das bedeutet nicht, dass alles, was in unserer technischen Möglichkeit liegt, auch getan werden darf. Denn so wie damals zu Noahs Zeiten der Mensch der Natur ausgeliefert war und um seine Existenz bangen musste, so ist heute die Natur dem Menschen ausgeliefert und muß um ihre Existenz bangen. Gott hat den Menschen vor der Natur geschützt, doch wer schützt die Natur vor dem Menschen? Nehme ich unseren Predigttext ernst, dann bleiben nur zwei Möglichkeiten. Entweder die Erde wird enden und Jesus kommt wieder. Diese Möglichkeit läßt sich weder berechnen, noch vorhersehen. Oder die Natur verhält sich so, wie Gott es bestimmt hat – berechenbar. Und wie eine solche Rechnung aussehen kann, wenn der Mensch sich weiter so verhält, wie er das in der Vergangenheit getan hat, das fangen wir Menschen erst jetzt langsam an zu begreifen.

Im letzten Spektrum der Wissenschaft wurde eine Reihe gestartet mit dem Titel „die Menschheit am Scheideweg“. Nach den Kalkulationen von Experten wird die Erdbevölkerung bis zum Jahre 2050 auf 9 Milliarden Menschen wachsen. Die einzige Möglichkeit, einen globalen Krieg auf Grund der wachsenden sozialen Differenzen zwischen wenigen reichen und vielen armen Menschen zu vermeiden, ist es, die Lebenssituationen anzugleichen, indem der Lebensstandard in den armen Ländern gehoben und der in den reichen Ländern gesenkt wird. Aber das bedeutet, dass noch mehr Menschen Wasser verbrauchen, Öl verbrennen und die Luft verschmutzen werden. Und die einzige Möglichkeit, eine Erschöpfung der Ressourcen Wasser, Energie, saubere Luft, Lebensmittel usw. zu erreichen, ist es, dass die Menschen gemeinsam und gerecht die Verteilung des wenigen vornehmen und sich selbst dabei beschränken.

Die Aufgabe des Einzelnen

Doch Liebe, Gerechtigkeit und Selbstbeschränkung ist den Menschen schon immer schwer gefallen. Hier kommen wir auf den ersten Teil der Predigt zurück. Der Mensch wird niemals das Paradies schaffen dazu schleppt er zu viel Negatives mit sich herum. Aber als Christ habe ich den Auftrag, genau das Unmögliche zu versuchen, selbst wenn ich weiss, dass ich nicht zum Ende kommen werde. Es gilt, die Liebe des Vaters bereits heute sichtbar zu machen, auch wenn ich weiss, dass ich selbst diese Liebe niemals erreichen werde.

Und das ist dann auch der Weg, der uns als kleine Gemeinde und gewöhnlichen Menschen bleibt. Wir können weder hoffen noch erwarten, die globalen Probleme der Menschheit zu lösen. Wir können auch nicht das Kommen Jesu herbeirufen oder beschleunigen. Wir können nur in der Zeit und in der Situation, in der wir leben, das tun, was uns aufgetragen ist. Und dazu gehört heutzutage, sich der Natur bewusst zu werden und auch sich darüber klar zu werden, dass wir die Natur nicht ausbeuten dürfen, sondern sie bewahren müssen.

Diese Aufgabe fängt im Kleinen an. So erleben wir aktuell eine starke Erhöhung der Energiepreise, sei es Öl, Benzin oder Gas. Und unsere normale Reaktion darauf ist es zu klagen, wie schlecht es uns doch geht. Natürlich ist es schwerer, mit knappen Ressourcen zu leben als in Verschwendung zu leben. Aber vielleicht sollten wir auch die Chancen sehen, die in dieser Entwicklung verborgen sind, die Möglichkeiten der Rückkehr zur Holzfeuerung oder zu alternativen Energiequellen, die Motivation, sich einmal über sparsame und nicht über PS-starke Autos Gedanken zu machen oder auch die Ideen, die man bekommt, wie man überflüssige Verschwendung von Energie vermeiden kann.

Letztlich ist es aber unsere Hauptaufgabe als Gemeinde, auf den Segen von Gott hinzuweisen, den wir aus unserem Predigttext erkennen können. Umweltschutz ist ein Thema, das vielen Menschen nahe geht, aber darauf hinzuweisen, dass die Bewahrung der Natur eine Aufgabe ist, die wir von Gott erhalten haben, ist etwas, was vielfach nicht wahrgenommen wird. Man weiss von der Bibel nur das „vermehret Euch“ und das „machet Euch untertan“. Diese Anweisungen sind auch in den vergangenen Generationen der Christen stark betont worde und es war auch damals gar nicht falsch, es war eventuell genau die Aufgabe, die die Christen damals hatten. Aber diese Zeiten sind heute vorbei. Die Menschen haben sich wieder einmal gewandelt und jetzt bricht die Zeit des „bewahret und verwaltet“ an.

Und so müssen wir als Gemeinde wieder einmal umdenken. Wir sollten zusehen, dass wir in unserer Gemeinschaft ein Beispiel sind. Dort, wo wir falsches Verhalten, Verschwendung oder Mißwirtschaft erkennen, sollten wir es abstellen. Dort, wo wir von Gottes Natur gesegnet werden, sollten wir ihm Dank geben. Und dort, wo uns Katastrophen treffen und Unglück ereilt sollten wir daran denken, dass Jesus in unserer dunkelsten Stunde mit uns leidet. Wir sollten daran denken, dass nicht Macht und Gewalt die Menschen erlöst, sondern Liebe und Ergebung.

Amen.