Predigttext Jes. 58, 1-9a

Einleitung:

Als ich noch studierte ging ich wie die meisten meiner Mitstudenten Mittags in der nahe gelegenen Mensa essen. Doch nicht nur hungrige Studenten und Uni-Angehörige hatten diesen Ort als Ziel, auch mancherlei Aktivitäten – sei es politisch, sei es anderswie motiviert – fanden im Vorraum der Mensa statt. Dazu gehörte auch relativ regelmäßig ein ziemlich seltsamer, abgerissen gekleideter Mann.

Der Mann war praktisch mit Plakaten bekleidet und hielt zusätzlich ein recht großes Schild in der Hand. Darauf standen mit bunten Stiften sorgfältig gemalt, Zitate aus der Bibel, wobei einzelne Worte und Passagen farblich herausgehoben waren. Die Zitate waren praktisch alle aus dem alten Testament und farblich hervorgehoben waren die Worte und Aussagen, die dem Volk Gottes Tod, Verderben und ein nahes Ende androhten, Worte, die es gerade in der Zeit vor der babylonischen Gefangenschaft reichlich gegeben hat.

Mich hat dieser Mann seltsam berührt. Auf der einen Seite nahm ich die Bibel ernst und kannte die Stellen recht gut, mit denen der Mann hausieren ging. Auf der anderen Seite fragte ich mich, was dieser Mann eigentlich wollte. Ansprechbar war er nicht. Versuchte man ihn etwas zu fragen oder mit ihm über die Botschaft, die er zu verbreiten versuchte, zu reden, so starrte er einfach starr geradeaus und gab keine Antwort.

Ich habe mir dann, auch im Gespräch mit meinen Mitchristen, zusammengereimt, dass dieser Mann unserer Gesellschaft Unheil verkünden wollte, das Gericht Gottes auf uns zu kommen sah, sich vielleicht als letzten Propheten auf der Erde sah. Abtun konnte ich seine Botschaft nicht, vielleicht stand das Ende ja tatsächlich unmittelbar bevor, so wie es seit 2000 Jahren unmittelbar bevorsteht. Aber da man nicht darüber reden konnte, da man lediglich mit der schlechten Nachricht konfrontiert wurde, gewöhnte ich es mir an, die Botschaft einfach nicht mehr zur Kenntnis zu nehmen.

Ich konnte darin auch nichts Verwerfliches sehen, denn ich war und bin überzeugt, wenn Gott eine Botschaft an sein Volk rüberbringen will, dann hat er Mittel und Wege, diese Botschaft wirklich klar und deutlich verkündigen zu lassen, auch wenn die Menschen selbst dann noch viele Möglichkeiten haben, weg zu hören. Eine solche Botschaft ist Thema der heutigen Predigt, nach der Periokope für den heutigen Sonntag Estomii, Jes. Kapitel 58, die Verse 1-9a.

Der Predigttext, Jes. 58, 1-9a

Rufe aus voller Kehle, halte nicht zurück! erhebe deine Stimme gleich einer Posaune, und tue meinem Volke seine Übertretung kund, und dem Hause Jakob seine Sünden! 2

Und doch fragen sie nach mir Tag für Tag und begehren meine Wege zu kennen; gleich einer Nation, welche Gerechtigkeit übt und das Recht ihres Gottes nicht verlassen hat, fordern sie von mir Gerichte der Gerechtigkeit, begehren das Herannahen Gottes. 3"Warum haben wir gefastet, und du hast es nicht gesehen, unsere Seelen kasteit, und du hast es nicht gemerkt?

" Siehe, am Tage eures Fastens geht ihr euren Geschäften nach und dränget alle eure Arbeiter. 4Siehe, zu Hader und Zank fastet ihr, und um zu schlagen mit boshafter Faust. Heutzutage fastet ihr nicht, um eure Stimme hören zu lassen in der Höhe.

5Ist dergleichen ein Fasten, an dem ich Gefallen habe, ein Tag, an welchem der Mensch seine Seele kasteit? Seinen Kopf zu beugen wie ein Schilf, und Sacktuch und Asche unter sich zu betten, nennst du das ein Fasten und einen dem Jehova wohlgefälligen Tag?

6Ist nicht dieses ein Fasten, an dem ich Gefallen habe: daß man löse die Schlingen der Bosheit, daß man losmache die Knoten des Joches und gewalttätig Behandelte als Freie entlasse, und daß ihr jedes Joch zersprenget?

7Besteht es nicht darin, dein Brot dem Hungrigen zu brechen, und daß du verfolgte Elende ins Haus führst? wenn du einen Nackten siehst, daß du ihn bedeckst und deinem Fleische dich nicht entziehst?

8Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte, und deine Heilung wird eilends sprossen; und deine Gerechtigkeit wird vor dir herziehen, die Herrlichkeit Jachwe wird deine Nachhut sein. 9Dann wirst du rufen, und Jachwe wird antworten; du wirst um Hilfe schreien, und er wird sagen: Hier bin ich!

Der Hintergrund

Hier steht kein leiser Untergangsprophet mit seinen Plakaten, hier steht keiner schüchtern im Hintergrund und will etwas von Gott sagen. Nein laut und deutlich, aus voller Kraft rufend mit einer Stimme wie eine Posaune soll Jesaja die Botschaft Gottes verkündigen. Herausrufen und so allen Menschen ins Bewusstsein bringen, das ist der Weg, den Gott hier wählt, um sein Volk zu erreichen. Was ist der Hintergrund?

Die Verheissungen Gottes beim Auszug aus Ägypten hatten sich erfüllt, Israel hatte unter David und Salomo den Höhepunkt seiner Macht erlebt. Seither ging es nicht mehr so gut mit dem jetzt geteiltem Reich und den Nachfolgern Davids. Aber die Katastrophe der babylonischen Gefangenschaft liegt auch noch in der Zukunft, die Verkündigung der Propheten und auch des Jesaja hat noch nicht die hoffnungslose Note, die später um sich greifen wird.

Israel war ein organisiertes Staatswesen, mit einem König, ausgewählten Beamten und einem in die Gesellschaft integrierten Kult mit dem Tempel und der Priesterschaft als Mittelpunkt. Gott war Begleiter der Menschen, die Beziehung zu ihm, Gebete, Opfer, Danksagungen und alltägliche Sorgen waren selbstverständlich Teil des täglichen Lebens.

Womit werden die Menschen zu Gott gekommen sein? Vermutlich war das nicht anders als heutzutage. Ein Beispiel erzählt uns die Bibel mit einer Geschichte aus der Richterzeit, der Geburt Samsons, wo die kinderlose Hannah, obwohl von ihrem Mann geliebt, aber von der Nebenfrau bedrängt in den Tempel geht und ihre Sorgen vor Gott bringt. Liebe, Gesundheit, geschäftlicher Erfolg, gesellschaftliche oder soziale Stellung, das sind die Themen, die Menschen beschäftigt und wo sie die Hilfe Gottes erhoffen, wenn es nicht so geht wie sie es sich vorstellen.

Gott die Wunsch-Erfüllungs-Maschine

Und Antworten auf solche Fragen hatten die Menschen auch. Gott sagt klar in den Büchern Mose: "Wenn Du meine Gebote hälst und auf meinen Wegen wandelst, dann bin ich mit Dir, dann helfe ich Dir". So die Botschaft, so das Verständnis der Menschen und wenn Gott, der Allmächtige hilft, dann kann kein Unglück bestehen bleiben. Doch das Wenn in der Botschaft ist ein schweres Wenn. Immer wieder müssen die Menschen erkennen, dass sie dann doch nicht den Geboten Gottes Folge geleistet haben, dass sie doch nicht auf Gottes Wegen gegangen sind. Aber auch für diesen Fall hatte die Bibel einen Weg parat. Umkehren, opfern und Buße tun, das ist, was Moses vorschreibt, wenn es dann doch mal nicht so klappt mit der Befolgung der Gebote Gottes. Und Buße tun, da gab es weithin sichtbare Zeichenhandlungen im alten Israel, die Kleider zerreißen, sich Asche aufs Haupt streuen und Fasten waren diese Zeichenhandlungen und so befolgten die Menschen diese Weisungen.

Aber die Unglücke, die Probleme waren damit nicht gelöst. Gott kam nicht und löste alles in Wohlgefallen auf. Man warf Opfer, Fastenzeiten und Bußzeiten noch und nöcher in den Geldschlitz, aber der Wunschautomat Gott wollte einfach nicht funktionieren. "Wo bist Du Gott, warum hilfst Du nicht? Siehst Du nicht, wie ich mich demütige?" fragten dann die Menschen.

Und Gott? Gott war genervt. Da hatte er immer und immer wieder, das, was er will, verkündigen lassen und sie haben es immer noch nicht begriffen. Ja, nicht nur das, die Menschen drehten Gott das Wort im Munde herum und benutzten es zur Anklage gegen Gott. Aber so einfach lässt sich Gott nicht anklagen. Er läßt jesaja brüllen, damit er endlich gehört wird, damit die Menschen einhalten in ihrer Selbstgerechtigkeit und zuhören. Und er beginnt mit ihnen zu diskutieren. In einer damals üblichen Art und Weise des Rechtsstreits mit Rede und Gegenrede läßt er den Propheten die Punkte wiederholen.

Was Gott will

Dass Menschen umkehren und Buße tun, war ja auch recht, das ist ja auch von Gott so eingerichtet. Aber die Menschen benutzen diese Zeichenhandlungen als Äußerlichkeit, als Scheinhandlung. Denn mit ihrem Herzen sind sie nicht dabei, sie meinen es nicht ehrlich. Jesaja muss ihnen Punkt für Punkt auseinandersetzen, wo der Hase im Pfeffer liegt

" Siehe, am Tage eures Fastens geht ihr euren Geschäften nach und dränget alle eure Arbeiter. 4Siehe, zu Hader und Zank fastet ihr, und um zu schlagen mit boshafter Faust. Heutzutage fastet ihr nicht, um eure Stimme hören zu lassen in der Höhe.

Sagt Gott durch Jesaja und meint damit: Ihr fastst wohl, aber ihr meint es nicht so. Äußerlich tut ihr so als täte es euch leid, aber parallel zur selben Zeit begeht Ihr Unrecht, habt ihr Zank und Streit. Ihr fastet nicht, weil euch etwas an mir, Gott, liegt und weil Ihr Euer Unglück mir zu Gehör bringen wollt, sondern weil es eben gesellschaftlich vorteilhaft ist, weil ihr prahlen wollt mit eurem Fasten.

Die Brücke zu heute

Aber Jesaja hat mit diesen Worten die Menschen nicht geändert. Auch viele Jahrhunderte später zur Zeit Jesu waren diese Probleme bekannt. In Mat. 6,16 sagt Jesus:

Wenn ihr aber fastet, so sehet nicht düster aus wie die Heuchler; denn sie verstellen ihre Angesichter, damit sie den Menschen als Fastende erscheinen. Wahrlich, ich sage euch, sie haben ihren Lohn erhalten.

Jesus sagt dasselbe wie Jesaja, er klagt die Heuchler an, weil es denen eben um ihren eigenen Ruhm geht und nicht um Gott. Aber Gott, der in die Herzen schaut, weiß, dass diese Menschen dann eben nicht die Hilfe Gottes wollen, sondern den Ruhm bei den Menschen und damit ist ihr Lohn schon bezahlt. Aber wie immer geht Jesus einen Schritt weiter als das alte Testament. Jesus fordert: Wenn Ihr fastet, dann bemüht Euch, es der Umwelt eben nicht zu zeigen, damit Ihr nicht so werdet wie die Heuchler. Jesus setzt dem, was Gott sagt, noch einen drauf. Der Sinn des Fastens oder der Buße war es, Gott gegenüber Reue zu zeigen. Die Gefahr des Fastens ist es, es als eigene Lobhudelei gegenüber anderer Menschen zu mißbrauchen. Die Gefahr vermeidet man, wenn man niemanden zeigt, dass man fastet.

Aber auch diese Anweisung Jesu ist lange Zeit in Vergessenheit geraten. In der katholischen Kirche bis hin zur Reformation feierte das äußerliche Fasten fröhliche Urstände. Die Kirche schrieb den Gläubigen detailliert die Fastentage und das, was man dann nicht tun durfte, vor. Die bekannteste Fastenzeit ist die Zeit vor Ostern, aber auch 40 Tage vor Weihnachten und andere Tage waren als Fastenzeiten vorgeschrieben. Die Menschen reagierten damit, dass sie an den Tagen vor der Fastenzeit noch einmal tüchtig die Sau rausließen, das ist eine der Ursprünge des Karneval, den wir ja jetzt gerade begehen.

Es waren die Reformatoren, die wie der Prophet Jesaja eine Rückbesinnung auf das, was Gott wirklich will, einläuteten. Die Reformation in der Schweiz durch Zwingli begann mit einem demonstartiven Wurstessen während der Fastenzeit. Auch Luther hat Fasten als reine Äußerlichkeit abgelehnt. Und heute, wie stehen die Menschen heute zum Thema Fasten?

Fasten als persönliche Geste

Fasten hat in Deutschland in den letzten Jahrzehnten durchaus eine Renaissance erlebt. Aber der Sinn hat sich verändert. Zur Zeit Jesajas und Jesu war Fasten ein Zeichen der Demütigung vor Gott, ein Zeichen der Buße, ein Sündenbekenntnis. Heutzutage ist Fasten, zumindest auf der christlichen Seite, ein Zeichen der Unabhängigkeit von Dingen. Wir leben in einer Zeit, in der es uns an nichts mangelt und in der der Materialismus eine große Bedeutung für viele Menschen hat.

Und ähnlich wie zu Jesajas Zeiten birgt ein Leben in diesen Umständen die Gefahr, sich von den Dingen abhängig zu machen. Mein Bauch ist mein Gott heisst es dann und Jesus als unser Herr verliert seinen Platz im Mittelpunkt des Herzens. Und so ist es sinnvoll und vernünftig, wenn man sich selbst und Gott zeigt: Ich kann darauf verzichten. Und so sieht heutzutage das Fasten bei vielen Menschen so aus, dass sie etwas aussuchen, von dem sie in Gefahr stehen, abhängig zu werden, das sie mehr in den Mittelpunkt rücken als Gott, dem sie ihr Leben unterordnen würden. Und darauf wird in der Fastenzeit dann verzichtet. Ein solches Vorgehen ist gut und ich glaube auch Gott gefällig, wenn man dies eben, wie das Fasten in der Bibel, mit der richtigen Herzenshaltung macht.

Äußerliche Zeichen der Frömmigkeit heute

Aber dennoch sollte man sich im Klaren sein, dass das Fasten heute und das Fasten in der Bibel nur noch wenig miteinander zu tun haben. Die Zeiten haben sich geändert, auch die gesellschaftlichen Umstände sind anders, insofern ist das nicht verwunderlich. Aber das Thema, das Jesaja in unserem Predigttext anspricht ist auch nicht das Fasten selbst. Das Thema ist die Heuchelei, das Lügen, zu dem sich Menschen hingezogen fühlen, weil es ihnen gesellschaftliche Vorteile bringt. Die Menschen schauspielern, tun so als wären ihnen Gott unglaublich wichtig, aber in Wirklichkeit geht es ihnen nur um sich selbst, um ihren eigenen Rang, um ihren Einfluß. Das ist es, was Gott über Jesaja anprangert, was Jesus angeklagt hat und was auch die Reformatoren bewegte.

Und da fragt sich, ob auch wir in der Gefahr stehen, uns frommer Heuchelei hinzugeben, ob auch wir in der Gefahr stehen, zu lügen und zu täuschen, um vor Menschen etwas herzumachen und Gott dabei links liegen zu lassen.

Die Antwort ist ganz eindeutig. Ja, in dieser Gefahr stehen auch wir, obwohl ich bei einigem Nachdenken sagen muss, das bei uns in der Gemeinde die Gefahr vielleicht etwas geringer ist, auch wenn sie durchaus vorhanden ist. Aber das liegt nicht etwa daran, dass wir alle so tolle, ehrliche Menschen sind und auf so etwas profanes wie Lügenmärchen nicht hereinfallen würden, nein wir sind in dieser Hinsicht nicht besser als andere Gemeinden. Aber ich glaube, dass bei uns niemand einen Vorteil davon hätte, wenn er ein frommes Lügenmärchen aufziehen würde und damit ist die Hauptmotivation, so etwas zu tun, nicht wirklich vorhanden.

Aber überlegen wir einmal, in welchen Heucheleigefahren wir Christen heutzutage in unserer Gesellschaft und auch hier bei uns in der Gemeinde, denn stehen. Ich denke an vorderster Stelle steht nach wie vor, analog zu dem Problem des Fastens zur Zeit Jesajas, die "Ich nehme Gott ernster Als Du"-Heuchelei. Wir sind hier in einer freikirchlichen Gemeinde. Das heisst, wir sind Teil dieser Gemeinde, nicht weil wir hineingeboren wurden, sondern aus einer eigenen, freien Entscheidung heraus. Wir sind hier, weil wir Jesus und den Glauben ernst nehmen wollen, weil wir durch die Gemeinschaft gestärkt, Jesu Wort folgen wollen. Das heisst, wir definieren uns als Gemeinschaft gerade dadurch, dass wir Gott ernst nehmen.

Und deshalb ist "Gott ernst nehmen" bei uns ein direktes oder indirektes Thema. Und so ist es auch nur natürlich, dass wir dies in unserem Tun und Sagen ausdrücken. Die Gefahr, in der wir schweben, besteht nun darin, dass wir anfangen uns mit unseren Mitbrüdern und Mitschwestern zu vergleichen.

Wir sehen, der Schritt vom ehrlichen miteinander leben zum frommen voreinander angeben ist ziemlich naheliegend und klein. Dass das mal passiert, ist nur zu menschlich. Wenn es aber zur Gewohnheit wird und auch noch wahrgenommen wird, so dass der, der besser betet oder mehr Begegnungen mit Gott hat oder mehr spendet oder mehr Sünden bekennt in der Gemeinde einen höheren Status bekommt, dann ist die Gemeinschaft gefährdet, dann fängt Gott an aus dem Mittelpunkt herauszurücken. Das ist es, was ich als "ich-nehme-Gott-ernster-als-Du" Heuchelei bezeichne.

Eine andere Gefahr, in der wir stehen, ist der "ich-verstehe-Gott-besser-als-Du" Hochmut. Als evangelische Christen stehen wir auf der biblischen Grundlage. Die Bibel – und nicht eingeübte Traditionen – soll die Basis unseres Glaubensverständnisses sein. Also zählt das Lesen der Bibel und das Interpretieren der biblischen Texte bei uns zu den täglichen Übungen christlichen Lebens. Doch – Gott sei Dank oder leider – ist das, was wir in den biblischen Texten verstehen, nicht für alle gleich. Trotz intensiven biblischen Studiums und ernst gemeintem Gebet kommen wir bei ein und derselben Frage zu völlig entgegengesetzten Ansichten und beide Seiten begründen ihre jeweilige Ansicht mit biblischen Texten.

Die Gefahr, in der wir in dieser Situation stehen, ist, dieses Auskommen damit zu erklären, dass der andere zwar versucht, auf der Basis der Bibel zu stehen, das aber nicht schafft, weil er Gott nicht richtig versteht. Man denkt: Ich dagegen verstehe Gott richtig, deshalb ist meine Ansicht die, die mehr Gott-gemäß ist. Wenn wir so denken, dann unterliegen wir dem "Ich-verstehe-Gott-besser-als-Du" Hochmut und fangen an, den Bruder oder die Schwester als ferne von Gott und ohne Erkenntnis anzusehen und gehen damit die ersten Schritte in Richtung Gesetzlichkeit und Lieblosigkeit. Wenn in einer Gemeinde dieses Denken Überhand nimmt, dann wird die Gemeinde zu einer dogmatisch verschlossenen Gemeinde, in der die Liebe nur noch wenig Raum findet und wo die Freiheit, die Gott schenkt, nicht mehr spürbar ist.

Und die dritte Gefahr, in der wir uns befinden, ist das "ich-bin-ja-so-müde" Syndrom. Die Mitarbeit in der Gemeinde kostet Kraft und Zeit. Und Zeit ist kostbar in unserer Gesellschaft. Viele von uns haben einen Beruf, eine Familie, Hobbies und dann sollen sie auch noch in der Gemeinde mitarbeiten, präsent sein, etwas leisten. Das fällt schwer oder besser gesagt, das fällt über einen längeren Zeitraum hinweg schwer. Oft ist es so, dass man eine Tätigkeit wie die Betreuung von Jugendgruppen oder Kindergottesdienst oder Gottesdienst oder oder ja ganz gerne macht. Aber mit den Jahren wird die Freude zur Belastung und man sehnt sich danach, mal Pause zu haben.

Das ist ja auch ganz natürlich und das Auslaugen der Mitarbeiter zu verhindern und immer wieder neues Feuer in die Gemeinde zu bringen ist eine wichtige Aufgabe innerhalb der Gemeinde. Und wenn dann Einzelne den Schlußstrich ziehen und sich auch mal zurückziehen, ist normal und sollte möglich sein. Aber wenn dieses Verhalten Überhand nimmt und zu viele Gemeindeglieder in eine resignative "ich-bin-ja-so-müde" Haltung verfallen, dann werden die wenigen, die noch mitarbeiten noch schneller ausgelaugt und der Schwung der Gemeinde kommt zum Stillstand, Stagnation und Langeweile sind die Folge. Mit unserem Thema fromme Heuchelei hat das insofern etwas zu tun, als man sich in so einer Situation leicht ein gutes Gewissen einzureden versucht, indem man auf all das hinweist, was man schon geleistet hat und es so hinstellt, als sei man doch derjenige, der die Gemeinde am Leben erhält und man könne unmöglich von einem verlangen, noch mehr zu tun.

All das sind Gefahren der frommen Heuchelei, in der wir uns befinden, immer und immer wieder. Und genauso wie diese Gefahr in Bezug auf das Fasten niemals besiegt worden ist, können auch wir diese Gefahren niemals besiegen. Immer, wenn wir uns mit Feuereifer auf ein Thema in der Gemeinde stürzen, immer wenn Gott uns ruft und wir folgen, immer wenn der Glaube aktiv wird, immer dann ist der Teufel im Hintergrund bereit, uns diesen Gefahren auszusetzen und unsere Versuche und unsere Arbeit zu torpedieren.

Was bleibt ist, dass wir uns dieser Gefahren bewusst werden, dass wir sie aktiv erkennen und aktiv bekämpfen mit dem, was Gott uns als geistiges Rüstzeug gegeben hat. Aber vor allem bekämpft man diese Gefahren mit Demut und mit echter Zuwendung zu Gott. Denn die Hauptantriebsfeder aller dieser Gefahren, zur Zeit des Jesaja und auch heute, ist der Wunsch, vor seinen Mitmenschen als Glaubensheld da zu stehen, ist das Drängen nach Status und sei es auch ein geistlicher Status. Und wenn es in einer Gemeinde gelingt, so wie ich glaube, dass es uns bei uns halbwegs gelingt, dass alle Gemeindeglieder gleich anzusehen sind, dass niemand einen Vorteil davon hat, wenn er ein Glaubensheld ist, dass das miteinander Gemeinschaft haben nicht automatisch eine Rangordnung zur Folge hat, dann kann es gelingen diese Gefahren unter Kontrolle zu halten. Und dann kann das, was Gott wirklich von uns will, auch reifen und Früchte tragen.

Bitten wir Gott darum, dass er uns dafür jetzt und auch in Zukunft die Weisheit, die Einsicht und die Kraft schenkt.

Amen

Abendmahl

Wir wollen nun zusammen das Abendmahl feiern. Jeder ist dazu eingeladen, der sich zum Herrn Jesus bekennt und an ihn glaubt. Ich lese dazu die Einsetzzungsworte aus 1. Kor. 11, 23 - 29

23aDenn ich habe von dem Herrn empfangen, was ich euch weitergegeben habe: Der Herr Jesus, in der Nacht, da er verraten ward, nahm er das Brot, 24dankte und brach's und sprach: Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; das tut zu meinem Gedächtnis. 25Desgleichen nahm er auch den Kelch nach dem Mahl und sprach: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut; das tut, sooft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis. 26Denn sooft ihr von diesem Brot eßt und aus dem Kelch trinkt, verkündigt ihr den Tod des Herrn, bbis er kommt. 27Wer nun unwürdig von dem Brot ißt oder aus dem Kelch des Herrn trinkt, der wird schuldig sein am Leib und Blut des Herrn. 28Der Mensch prüfe aber sich selbst, und so esse er von diesem Brot und trinke aus diesem Kelch. 29Denn wer so ißt und trinkt, daß er den Leib des Herrn nicht achtet, der ißt und trinkt sich selber zum Gericht.

Das Abendmahl ist danach etwas, was wir feiern, um uns an das zu erinnern, was Jesus für uns getan hat. Es soll nicht als Druckmittel oder als Kennzeichen von Rechtgläubigkeit eingesetzt werden. Darum ist auch jeder eingeladen, der sich selbst geprüft hat und mit dieser Prüfung vor Gott hintreten kann. Dies ist eine große Freiheit, aber auch eine große Verantwortung.

Ich möchte ???? bitten zuerst für das Brot zu danken.

Als die Jünger aber aßen, nahm Jesus das Brot, dankte und brach's und gab's den Jüngern und sprach: Nehmet, esset; das ist mein Leib

Nun möchte ich ???? bitten, für den Kelch zu danken

Und Jesus nahm den Kelch und dankte, gab ihnen den und sprach: Trinket alle daraus; 28das ist mein Blut des Bundes, das vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden.

 

 

 

 

 

 

Segen

Der Herr sei vor dir, um dir den rechten Weg zu zeigen.

Der Herr sein neben dir, um dich in die Arme zu schließen und dich zu schützen.

Der Herr sei hinter dir, um dich zu bewahren vor der Heimtücke böser Menschen.

Der Herr sei unter dir, um dich aufzufangen, wenn du fällst und dich aus der Schlinge zu ziehen.

Der Herr sei in dir, um dich zu trösten, wenn du traurig bist.

Der Herr sei um dich herum, um dich zu verteidigen, wenn andere über dich herfallen.

Der Herr sei über dir, um dich zu segnen. So segne dich der gütige Gott.