Predigt über Jak. 5, 6-7

Einleitung:

Wenn meine Frau und ich für die Woche einkaufen, dann hat unser Sohn Oliver sturmfreie Bude und das nützt er dann auch immer gut aus. Zum Ausgleich muss er dann, wenn wir nach Hause kommen, mithelfen, die ganzen gekauften Sachen einzuräumen. Als wir aber letztens vor einigen Wochen von unserer Einkauftour zurückkamen, mussten wir ihm sagen: „Schau bitte nicht in diese Kiste herein, die räumen wir auf“.

Natürlich bekam Oliver sofort spitze Ohren und stürmte auf uns ein – immer mit einem neugierigen Blick auf der verdächtigen Kiste. „Habt ihr mir etwas mitgebracht? Was ist es denn? Ist es ein Weihnachtsgeschenk? Könnt ihr mir es denn nicht wenigstens zeigen? Nur ganz kurz, bitte“.

So ein Kind, das vor Neugier platzt kann schon recht nervenaufreibend sein und wir hatten einige Mühe, Oliver klarzumachen, dass wir jetzt nichts verraten würden und dass er aufhören sollte, uns so dermassen auf die Nerven zu gehen. „Hab Geduld“, mahnten wir immer wieder, „Hab Geduld, Du wirst Dein Geschenk schon noch rechtzeitig zu Augen bekommen“.

Textlesung

Um Geduld geht es auch in dem heutigen Predigttext, der in der Predigtreihe 2 für den heutigen 2. Advent ausgeschrieben ist. Er steht im Brief des Jakobus, Kapitel 5 die Verse 6 und 7:

Lese Jak 5. 6-7

Darum liebe Brüder, haltet geduldig aus bis zur Ankunft des Herrn. Auch der Bauer wartet auf die kostbare Frucht der Erde, er wartet geduldig bis im Herbst und im Frühjahr der Regen fällt. Ebenso geduldig sollt auch ihr sein. Macht Euer Herz stark, denn die Ankunft des Herrn steht nahe bevor.

Zusammenhang zu Weihnachten

Der Text lässt eine starke Analogie zu der Adventszeit erkennen. Advent ist die Zeit, in der man sich auf Weihnachten vorbereitet, dem Fest, an dem wir die Geburt und damit das erste Erscheinen Jesu auf Erden feiern. Zumindestens für die Kinder ist Weihnachen eine aufregende Zeit und daher macht ihnen das Warten besonders viel Mühe. Und das ist vermutlich auch der Grund, warum dieser Text in der Predigtreihe zu Advent aufgeführt ist. Weihnachten ist nahe und wir sollen uns auf diesen Tag vorbereiten, nicht hektisch, aber mit Geduld.

Doch der Text zielt nicht auf das erste Kommen Jesu, sondern auf das zweite Kommen. Es fasst die Verheissung in das Blickfeld, dass Jesus wiederkommen wird und dass mit seinem Wiederkommen die bedrängte und zwiespältige Situation der Gläubigen verändert wird. Jakobus vergleicht dieses Kommen mit der kostbaren Frucht der Erde, auf die ein Bauer warten muss, bevor er sie ernten und ihren Ertrag geniessen kann. Dieses Wiederkommen Jesu ist etwas, auf das die Christen gespannt, ja eben ungeduldig warten und Jakobus mahnt zur Geduld.

Allgemeines zum Jakobusbrief

Was mag Jakobus dazu bewogen haben, warum ist diese Mahnung zur Geduld notwendig, warum gibt er sie? Ein Blick in den Kontext des Textes hilft nicht besonders viel. Unserem Text unmittelbar voraus geht eine Mahnung, ja regelrecht ein Verfluchen an Reiche, die ihren Reichtum missbrauchen und nicht zu Gottes Ehre einsetzen. Dem Text unmittelbar nachfolgend ist eine Mahnung dazu, sich nicht über seinen Bruder zu ärgern und ihn damit gering zu machen. Sehr viel Zusammenhang von diesen Passagen mit unserem Text ist nicht zu sehen.

Aber das ist typisch für den Jakobusbrief. Er ist der erste der sogenannten katholischen Briefe, so genannt, nicht weil er für die Katholiken von besonderer Bedeutung wäre, sondern weil er an keine spezielle Gemeinde gerichtet ist. Er richtet sich an die gesamte Kirche, die „ecclesia katholii“. Wer der Verfasser ist, ist nicht bekannt. In Frage kommen die beiden Apostel, die den Namen Jakobus hatten (Jakobus der Bruder des Johannes und Jakobus der Sohn des Zebedäus), sowie Jakobus, der Bruder des Herrn, der nach dem Tod Jesu eine führende Rolle in der Jerusalemer Gemeinde innehatte.

Das Thema des Jakobusbriefes sind die Auswirkungen des Glaubens. Für Jakobus müssen diese Auswirkungen sichtbar und fühlbar sein, damit steht er voll in der Tradition z.B. der Bergpredigt. Aus dem Jakobusbrief stammen bekannte Passagen wie der Ausspruch „ohne Werke ist der Glaube tot“. Damit begibt sich Jakobus nicht in einen Gegensatz zu Paulus, sondern betont nur den zweiten Teil des untrennbaren Gespanns Glaube und Werke. Auch für Paulus ist ein Glaube, der sich nicht in Taten festmacht, undenkbar.

Jakobus richtet seinen Brief an die „zwölf Gemeinden, die in der Zerstreuung leben“, ein klarer Zusammenhang zu der jüdischen Tradition aus der Jakobus kommt. Er meint damit nicht zwölf bestimmte Gemeinden, sondern eben das gesamte Volk Gottes, organisiert in zwölf Stämme. Und diesen Christen hat Jakobus eigentlich sehr viel zu sagen, aber er fasst sich kurz. Anders als Paulus, der seine Gedanken zum Teil mit akribischer Sorgfalt entfaltet und begründet, feuert Jakobus geradezu ein Stakkato von Ermahnungen, Regeln, Geboten und Verboten an seine Leser ab. Und so ist es nicht verwunderlich, dass verschiedene Themen, die nur einen sehr losen Zusammenhang haben, in diesem Brief dicht nebeneinander zur Sprache kommen. Und so ist es auch mit unserer Mahnung zur Geduld, die mittendrin und unvermittelt auftaucht und wieder verschwindet. Jakobus begründet nicht viel sondern sagt einfach, habt Geduld und macht Eure Herzen stark.

Was passiert, wenn wir ungeduldig sind?

Nun zurück zu der Frage, warum Jakobus diese Ermahnung gibt. Was würde denn passieren, wenn wir ungeduldig sind? Vielleicht kommen wir dieser Frage näher, wenn wir uns überlegen, was denn in alltäglichen Situationen passiert, wenn man ungeduldig ist.

Nehmen wir das Beispiel, das Jakobus nennt, den Bauer, der auf die Frucht der Erde wartet. Jakobus sieht in ihm das Musterbeispiel eines geduldigen Menschen, denn – zumindest damals – man konnte den Wachtumsprozess von Feldfrüchten wenig beeinflussen. Solange die Frucht nicht reif war, musste man eben warten und warten, einen Vorteil bekam man erst, wenn es so weit war und ab einem bestimmten Zeitpunkt konnte man nur noch wenig machen, um diesen Moment herbeizuführen.

Was würde nun aber einem ungeduldigen Bauern passieren, was würde er machen? Ungeduldige Menschen wollen ein Ergebnis sehen, eine Veränderung, sie sind mit der aktuellen Situation nicht zufrieden. Und wenn das erhoffte Ereignis nicht eintritt, dann will man eben ersatzweise etwas anderes sehen. Ein ungeduldiger Bauer könnte beispielsweise auf die Idee kommen, dass er die Vorteile seines Ackers viel früher geniessen könnte, wenn er den Acker verkauft und jemanden anderes auf die Feldfrüchte warten lässt. Er würde vielleicht nicht so viel dafür bekommen, wie wenn er die Früchte verkaufen würde, denn der Käufer des Ackers will ja auch einen Gewinn machen, aber er hätte den Vorteil ohne Warten sofort. Aber der Nachteil dieses Handelns ist offensichtlich, denn nach dem Verkauf wäre der Bauer kein Bauer mehr, er würde sich einen anderen Beruf suchen müssen.

Das Beispiel zeigt, dass ungeduldige Menschen dazu neigen, unüberlegte oder voreilige Schritte zu unternehmen. Was heisst das übertragen auf die Menschen, die Jakobus hier anspricht? Jakobus schreibt in einer Zeit als das Christentum gerade einen rasanten Wachstumsprozess hinter sich hatte. Die Wirkung der Verkündigung von Petrus, Paulus, Barnabas und anderen war sichtbar. Tausende, so heisst es in der Apostelgeschichte, wurden dem Kreis der Geretteten täglich hinzugefügt. Der Bericht zeugt von einer mitreissenden Dynamik des heiligen Geistes. Doch was war es, was das Christentum für die Menschen attraktiv machte? Sicherlich war es das Angerührtsein von dieser Person Jesus, sicherlich war es die Aussicht auf das ewige Leben, aber ebenso war es auch der Ruf, den schon Johannes der Täufer rief und den auch schon die Jünger Jesu im Auftrag Jesu ausgerufen hatten: „Das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen“.

Ein solcher Ausruf hat zweierlei Folgen. Einmal erzeugt er einen gewissen psychologischen Druck, den Wunsch, nichts zu verpassen, den Wunsch dabei zu sein, das Gefühl, es sich nicht erst lange überlegen zu können. Und zum anderen erzeugt es eine Erwartungshaltung, eine Erwartungshaltung die einen fähig macht, Nachteile und Angriffe zu ertragen, weil man denkt, dass diese negativen Seiten des Glaubens nicht lange anhalten werden. Und Jakobus, der diesen Menschen zuruft „seid geduldig“, der erneuert diesen Ausruf und bestätigt „die Ankunft des Herrn steht nahe bevor“.

Naherwartung auch heute

Einen solchen Satz im Jakobusbrief zu lesen ist merkwürdig. Denn Jakobus – erfüllt vom heiligen Geist und aufgenommen in die heilige Schrift – schreibt im Auftrag Gottes. Sollte Gott nicht gewusst haben, dass „nahe bevor“ mindestens 2000 Jahre bedeutet? Was wäre die Wirkung des Satzes gewesen, wenn er geheissen hätte „die Ankunft des Herrn steht nahe bevor, so etwa 2000 Jahre oder mehr“.Hätten die Leute eine solche wahre Aussage überhaupt hören wollen?

Die Situation heute ist interessanterweise nur geringfügig anders als damals. In dem christlichen Internetforum der Schweiz www.live-net.ch wird regelmässig eine Umfrage veranstaltet und letztens war die Frage „Wann glauben sie wird Jesus wiederkommen?“ Zur Auswahl standen die Antworten „Innerhalb der nächsten Tage“, innerhalb der nächsten Jahre“, „innerhalb der nächsten Jahrzehnte“ und „nicht vor 100 Jahre“.

Die absolute Mehrheit der Antworteten wählten den zweiten Punkt, also innerhalb der nächsten Jahre und immer wenn ich in meiner machmal etwas provokanten Art hingehe und so testweise einmal aussage, dass es ja sein könnte, dass Jesus noch so etwa 5 Milliarden Jahre auf sich warten lassen könnte, werde ich angeschaut wie ein Verrückter.

In gewisser Weise ist die Naherwartung auch bei uns noch verbreitet und ohne diese Einstellung hätten beispielsweise die Zeugen Jehovas zu Beginn nicht so viele Mitglieder werben können als die Gründer dieser Sekte mit „exakten“ Berechnungen auftrumpften, wann Jesus denn wiederkommt. Und die Mitglieder blieben, obwohl sich alle diese Berechnungen als falsch herausstellten. Und obwohl für jeden von uns der Unterschied zwischen „Jesus kommt in 100 Jahren wieder“ und „Jesus kommt in 5 Milliarden Jahren wieder“ lediglich theoretischer Natur ist, weil wir bis dahin sowieso alle gestorben sind, so werden die meisten den 100 Jahren viel eher zustimmen als den 5 Milliarden.

Konsequenzen der Naherwartung

Diese Haltung hat aber auch ihren Sinn und in genau diesem Sinn sehe ich den Grund, warum Gott dem Jakobus vorenthalten hat, wie lange die Christenheit nun tatsächlich warten muss. Dieser Sinn kommt zum Ausdruck aus einigen Stellen in den Evangelien, in denen Jesus zur Wachsamkeit aufruft. Die Endzeitreden von Jesus beispielsweise in Matthäus 24 sind alle in diese Richtung angelegt. Als Auszug lese ich einmal Mat 24, 45-51:

Wer ist nun der treue und kluge Knecht, den der Herr eingesetzt hat, damit er dem Gesinde zur rechten Zeit gibt, was sie zu essen brauchen? Selig der knecht, den der Herr damit beschäftigt findet, wenn er kommt. Amen, das sage ich Euch: er wird ihn zum Verwalter seines ganzen Vermögens machen. Wenn aber der Knecht schlecht ist und denkt: Mein Herr kommt noch lange nicht und anfängt, seine Mitknechte zu schlagen, wenn er mit Trinkern Gelage feiert, dann wird der Herr an einem Tag kommen, an dem der Knecht es nicht erwartet und zu einer Stunde, die er nicht kennt. Und der Herr wird ihn in Stücke hauen und ihm seinen Platz unter den Heuchlern zuweisen. Dort wird er heulen und mit den Zähnen knirschen.

Diese Stellen sagen doch nichts anderes als dass Jesus uns auffordert, unser Haus zu bestellen, es ordentlich und sauber zu halten. Und dieses Ziel erfordert Anstrengungen, Mühen. Man muss Zeit, Geld, Kraft und Aufmerksamkeit investieren, um das zu erreichen, was Jesus uns hier aufträgt. Und Menschen haben die allgemeine und schlechte Angewohnheit, dass sie eine solche Anstrengung nur dann über einen längeren Zeitraum aufrecht halten können, wenn sie nicht wissen, wann jemand kommt und nachprüft.

Das einfachste Beispiel ist hier die Qualitätskontrolle in einem Betrieb. Nehmen wir einmal an, in einem Betrieb käme es sehr darauf an, dass die einzelnen Mitarbeiter sorgfältig arbeiten, dass man aber hinterher nicht mehr feststellen kann, wer schlecht gearbeitet hat, wenn das Produkt den Mitarbeiter erst einmal verlassen hat. Um diese Qualität zu erreichen, führt die Geschäftsleitung Kontrollen ein und schlecht arbeitende Mitarbeiter haben mit Konsequenzen zu rechnen. Wenn nun diese Kontrollen jeden Tag zu exakt demselben Zeitpunkt stattfinden, dann wird man rasch feststellen, dass die Kontrolleure immer alles tip top in Ordnung finden, dass aber die Qualität des Endproduktes trotzdem massiv schlechter werden wird. Grund ist natürlich, dass die Mitarbeiter sich auf die Kontrollen einstellen und in den anderen Zeiten den Drang und die Aufmerksamkeit in Richtung Qualität schleifen lassen.

Lässt man die Kontrollen aber unregelmässig und unvorhersehbar stattfinden, so dass die Mitarbeiter jederzeit mit Kontrollen rechnen müssten, dann werden sie eine Arbeitshaltung an den Tag legen, die die Qualität des Produktes dauerhaft verbessern wird.

Ähnlich ist es auch mit den Gemeinden. Durch die Naherwartung wird uns Christen bewusst, dass wir jederzeit vor unserem Herrn stehen können, nicht nur wir persönlich, sondern die ganze Gemeinde mit aller Arbeit, die darin ist. Zur Zeit des Jakobus war das noch um einiges mühsamer und gefährlicher als bei uns heutzutage. Zur Zeit des Jakobus ging es zum Teil um Lebensgefahr und um Anfeindungen durch die etablierten jüdischen Gemeinden. Hier war ein Rückhalt, ein Trost, an dem man sich aufrichten konnte ungleich wichtiger als er es heute ist. Und daher – so glaube ich – hat Jakobus bei seiner Aussage „die Ankunft des Herrn steht nahe bevor“ in voller Überzeugung ausgedrückt, was Gott ihn sagen lassen wollte, obwohl Gott sehr wohl wusste, dass das mit dem bald nicht so wörtlich zu nehmen ist.

Trost oder Vertröstung

In der Mahnung „seid geduldig“ steckt neben dem Trost und der Ermutigung, die das erhoffte Ereignis des sichtbaren Kommens des Herrn verspricht, noch ein anderer Aspekt. Nämlich die Bestätigung, dass zur Zeit dieses gerade eben nicht stattfindet. Es ist die Aussage „tut mir leid, du musst noch warten“. So sehr die Aussage „ja er wird kommen“ ein Trost ist, ist die Aussage „aber jetzt noch nicht“ eine Vertröstung, wenn man es negativ sagen will und eine Verheissung, wenn man es positiv sagen will. Und diese Vertröstung bzw. Verheissung ist ja die Verschiebung von ganz konkreten Wünschen in die Zukunft.

Verheissungen, bilden das Rückgrat der Geschichte Gottes mit den Menschen. Von Beginn an waren die Versprechungen und Verheissungen Gottes das führende Motiv für die Menschen, die sich auf Gott eingelassen haben. Abraham wartete auf seine Nachkommen und auf das verheissene Land, Moses hat dasselbe getan, Israel im Exil wartete auf die Rückkehr in dieses Land und die Psalmen sind voll von der Frage „warum geht es den Frevlern so gut und mir so schlecht“. Immer wieder geschieht es, dass sich Menschen von Gott in die Pflicht nehmen lassen, wegen der Verheissungen und immer wieder ist es geschehen, dass Menschen gestorben sind, bevor diese Verheissungen wahr geworden sind. Das Thema setzt sich auch im neuen Testament fort. Paulus schreibt in Römer 8,18 „Ich bin überzeugt, dass die Leiden der gegenwärtigen Zeit nichts bedeuten im Vergleich zu der Herrlichkeit, die an uns offenbar werden soll“.

Wegen solcher Stellen ist dem Christentum oft vorgeworfen worden, es würde die Gläubigen lediglich vertrösten und damit an einer aktiven Änderung der Verhältnisse hindern. Ein oft gehörter Vorwurf ist, das mit einer solchen Einstellung sich die Christen gegen die Unterdrückten stellen und sich mit den Unterdrückern solidarisieren würden.

Verheissung oder Vertröstung

Und genau in dem Unterschied dieser beiden Begriffe Verheissung bzw. Vertröstung liegt der Unterschied zwischen geduldig warten und ungeduldig handeln. Was macht denn eine Verheissung aus und wann wandelt sich eine Verheissung in eine Vertröstung um?

Eine Verheissung enthält Kraft, durch eine Verheissung gewinnt man den Mut und die Geduld und das Durchhaltevermögen, das Jakobus von uns fordert. Eine Verheissung baut auf, fördert das Weiterkommen und überwindet Grenzen, wie man zum Beispiel an Abraham sieht. Eine Verheissung ist eine Verheissung, wenn wir glauben. Wenn ich demjenigen, der die Verheissung ausspricht glaube, dass er erfüllt, was er verspricht, dann kann ich dieses Versprechen als Verheissung annehmen. So ist es all den Menschen gegangen, die uns in der Bibel als Beispiele für Glauben gezeigt werden, von Abraham bis Paulus. Sie alle haben Verheissungen von Gott empfangen und sie alle haben diese ernst genommen und als Quelle der Kraft für sich entdeckt.

Ein Versprechen wandelt sich aber zu einer billigen Vertröstung um, wenn ich demjenigen, der das Versprechen ausspricht, nicht abnehmen kann, dass er dieses Versprechen einlösen kann oder wenn derjenige, der das Versprechen abgibt, dadurch von Verpflichtungen befreit wird, zum Beispiel von der Verpflichtung zu helfen. In diese Situation sind die Vertreter der Kirche im Verlauf der Jahrhunderte gelangt. Während Paulus noch sagen konnte „Wir stehen unter Leiden, wir erleiden böse Dinge“, waren die kirchlichen Vertreter in den späteren Jahrhunderten auf der machtvollen und bequemen Seite und waren nur zu oft gleichzeitig die Ursache der Leiden anderer, denen sie dann zugerufen haben „habt Geduld, ihr werdet Herrlichkeit erlangen“. So wahr dieser Ausspruch auch ist, so schlecht und schädlich waren diese Aussprüche in der gegebenen Situation.

Dieser Grundsatz gilt auch heute noch. Wenn wir leiden, wenn wir durch ein dunkles Tal gehen, sei es als Einzelner oder als Gemeinde, dann dürfen wir uns an unseren Herrn wenden und seine Verheissungen für uns in Anspruch nehmen. Wir können auf Jesus hören und aus dem, was er uns sagt, die Kraft gewinnen durchzuhalten oder zu erkennen, welches die richtige Art ist zu handeln.

Aber wenn wir dazu aufgerufen sind, anderen, die im Leiden stehen, zu helfen, wenn es unsere Verpflichtung ist, die Verhältnisse oder die Rahmenbedingungen für andere, die in Not sind zu wenden, dann dürfen wir uns nicht zurücklehnen und sagen „der Herr wirds Euch vergelten“. So richtig das ist, so darf dieser Grundsatz niemals als Ausrede dazu dienen, Handeln im Sinne Gottes zu vernachlässigen. Dies machen schon das Beispiel klar, das ich eben aus Matthäus 24 vorgelesen habe. Der Knecht, der seine Mitknechte schlecht behandelt und seine Pflichten vernachlässigt, der wird ein schlechter Knecht genannt und der wird von Gott zur Rechenschaft gezogen werden.

Geduld als Tugend

Und es ist genau dieser Gedanke, den Jakobus mit seinem Aufruf zur Geduld wohl stärken wollte. Mit geduldig warten war nicht gemeint, die Hände in den Schoss zu legen und abzuwarten, es war auch nicht gemeint, wie hypnotisiert auf das mögliche Ende zu schauen und dadurch unfähig zu werden, seine Aufgaben zu erfüllen. Mit geduldig warten war gemeint, sich auf dieses Wiederkommen einzustellen, täglich damit zu rechenen, aber gleichzeitig sich auf fortdauernde und langwierige Aufgaben einzurichten, die es zu erledigen gilt.

Auf diese Weise können wir als Gemeinde aktiv für Gott arbeiten und auch dunkle Täler und schlechte Zeiten überstehen. Wir wissen nicht, wann der Herr wiederkommt und wir wissen von keiner Aufgabe, die nicht vielleicht doch erst fertiggestellt werden kann oder werden muss. Aber wir können uns auf Gottes Verheissung verlassen, dass er eines Tages wiederkommen wird und seine Macht allen offenbar wird.

Auf diese Weise ist Geduld eine Tugend, die es auch im allgemeinen gemeindlichen Zusammenhang zu pflegen gilt. Genauso wie Gott uns verheissen hat, dass er wiederkommen wird, hat er uns auch verheissen, mitten unter uns zu sein und für uns zu reden, zu handeln und uns zu leiten. Auch bei dieser Verheissung kann leicht Ungeduld aufkommen. Auch bei dieser Verheissung sind wir zu Tätigkeit und Geduld aufgerufen. Ganz konkret in unserer Gemeinde möchte ich nur daran erinnern, wie sehr wir die Kinder- und Jugendarbeit noch vor zwei Jahren gesehen haben. Ich möchte daran erinner, wie wir hier gesessen haben und uns gefragt haben, wie wir mit den wenigen Mitteln, die wir haben, diesen Bereich stärken können. Und heute dürfen wir erleben, wie sich Menschen in diese Arbeit haben rufen lassen und wie sie von Gott gesegnet wurde. Aber es hat auch zwei Jahre gedauert und hat viel Mühe gemacht und macht sie immer noch. Aber es ist ein gutes Beispiel dafür, dass man nicht ungeduldig abwinkt und aufgibt, sondern geduldig auf Gottes Verheissung hin arbeitet.

Und dehalb kann man durchaus sagen: Geduld ist eine Tugend, die sich irgendwann auszahlen wird. Und das gilt auch bei dem geduldigen Warten auf Weihnachten.

Amen