Predigt über Joh 6, 30-35

Einstieg

Kennt Ihr diese Situationen, in denen man ißt und ißt bis einem der Bauch wehtut und einem schlecht ist, aber man wird einfach nicht satt dabei? Ich kenne dieses Gefühl. Es kommt bei den Gelegenheiten, wo man Nachmittags bei einem Geburtstag oder zu einer Familienfeier eingeladen ist und man weiß, dass es bei dieser Gelegenheit zum Kaffee jede Menge Kuchen gibt, den Kuchen von der Sorte, wo das Rezept in der Regel beginnt mit „Man nehme ein Pfund Butter und ein Kilo Zucker“.

Da ich weiß, dass man bei so einem Fest die Kalorien gleich Kiloweise zu sich nimmt, vermeide ich natürlich das Mittagessen, mit dem Ergebnis, dass ich mit einem Bärenhunger in den Nachmittag gehe. Also stürzte ich mich auf das Kuchenbüffet und spätestens nach dem dritten oder vierten Stück ist es dann passiert. Der Bauch ist voll, mir ist hundeübel, aber der Hunger, der ist noch da. Ich kann nichts mehr zu mir nehmen, aber zufrieden bin ich noch lange nicht.

Diese Reaktion meines Körpers ist auch durchaus verständlich, wie man inzwischen weiß. Die grosse Menge an Zucker, die ich da zu mir nehme, verursacht einen starken Ausstoß an Insulin, das der Körper braucht, um den Zucker abzubauen. Doch der Abbau geht zu schnell vor sich, es wird mehr abgebaut als ich zu mir genommen habe und sinnigerweise verursacht die starke Zuckeraufnahme eine Unterzuckerung des Körpers und ich habe Hunger. Die einzige Möglichkeit für mich, diese unangenehme Situation zu vermeiden, wäre, mich an die Speise zu halten, die wirklich auf Dauer satt macht, die nicht nur vorübergehend zufrieden stellt, sondern die dauerhaft sättigt.

Um so eine Speise, die dauerhaft satt macht, geht es auch in unserem heutigen Predigttext, der im Evangelium des Johannes Kapitel 6, die Verse 30-35 steht.

Der Predigttext

30Da sprachen sie zu ihm: Was tust du für ein Zeichen, damit wir sehen und dir glauben? Was für ein Werk tust du? 31Unsre Väter haben in der Wüste das Manna gegessen, wie geschrieben steht (Psalm 78,24): «Er gab ihnen Brot vom Himmel zu essen.» b 32Da sprach Jesus zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Nicht Mose hat euch das Brot vom Himmel gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel. 33Denn Gottes Brot ist das, das vom Himmel kommt und gibt der Welt das Leben. 34Da sprachen sie zu ihm: Herr, gib uns allezeit solches Brot. 35Jesus aber sprach zu ihnen: Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten

Johannes 6, der christologische Schwerpunkt

Wir befinden uns hier im 6. Kapitel des Johannes Evangeliums. Dieses Kapitel ist so etwas wie ein christologische Schwerpunkt, wo Jesus in sehr harter und vor den Kopf stossender Weise erklärt „Ich bin das Brot des Lebens“ und wo es eine Scheidung gibt von solchen, die murren und weggehen und denen, die wie die zwölf Apostel bekennen „Wohin sollen wir gehen, Du hast Worte des ewigen Lebens“.

Gott und Bauch

Es beginnt mit der Speisung der 5000, jener bekannten Geschichte, wo sich eine grosse Menge von Menschen in einer unwirtlichen Gegend um Jesus versammeln und er sie stundenlang belehrt. Als es Abend wird, wollen die Jünger sie wegschicken, doch Jesus fordert die Jünger auf, den Menschen selbst etwas zu essen zu geben. Die Jünger sind ratlos, aber Jesus nimmt fünf Brote und zwei Fische und lässt an alle verteilen und alle werden satt. Johannes bezeugt, dass die Zahl der Menschen 5000 Männer plus Frauen und Kinder gewesen sind.

Also geht es im sechsten Kapitel des Johannesevangeliums von Beginn an ums essen und ums satt werden. Satt werden war damals keine Selbstverständlichkeit, in regelmässigen Abständen wurde das Land von Missernten und Hungersnöten heimgesucht. Und soziale Sicherungssysteme gab es auch kaum. Wer zu arm oder zu krank war, lebte am Rand der Gesellschaft und kannte den Hunger vom täglichen Erleben. Das Paradies – so formte sich damals bereits die Vorstellung – ist, wenn man täglich essen kann und nicht hungern muß.

Und dann kommt Jesus und macht aus Nichts eine Mahlzeit für tausende von Menschen. Das schindet Eindruck und im Johannesevangelium hat das auch Konsequenzen. In Vers 15 heisst es danach: „Da erkannte Jesus, dass sie kommen würden, um ihn in ihre Gewalt zu bringen und zum König zu machen“ Jesus soll König werden, Jesus ist König, das ist es doch, was die Christen die ganze Zeit proklamieren, das ist doch das Ziel, oder? Doch Jesus entzieht sich, auf diese Weise will er nicht König sein. Denn hätte er das Angebot angenommen, hätte er sich hier zum König ausrufen lassen, er wäre der König der Bäuche geworden. Die Leute hätten ihm Macht gegeben, aber nur so lange, wie er ihre Bäuche füllt, so lange wie er ihre Bedürfnisse befriedigt, so lange er das tut, was die Leute wollen. Er wäre nicht Herr gewesen, er wäre der Sklave gewesen, eine magische Wunscherfüllungsmaschine.

Der Blick auf den Geber

Doch es geht Jesus nicht darum, den Leuten die Bäuche zu füllen und ihnen ein bequemes und reibungsloses Leben zu ermöglichen. Jesus will auf den weisen, von dem diese Gaben herkommen. Er weist auf Gott als den Geber aller Gaben, als denenigen, der uns das Leben überhaupt ermöglicht. Ihm geht es darum, dass wir über die Gaben hinausschauen und den Geber ins Auge fassen. Im Vers 27, unmittelbar vor unserem Predigttext sagt Jesus „27Schafft euch Speise, die nicht vergänglich ist, sondern die bleibt zum ewigen Leben“ und als die Leute fragen, was sie denn tun sollen, sagt er „Das ist Gottes Werk, daß ihr an den glaubt, den er gesandt hat“ Jesus will, dass wir ihm glauben und damit dass wir Gott glauben.

Damit wird dann verständlich, was zu Beginn unseres Predigttextes steht. Es scheint als hätten die Menschen begriffen worum es geht. Sie fassen ernsthaft ins Auge, Jesu Worten zu folgen und müssen erkennen: Glauben lässt sich so einfach nicht machen. Ich kann nicht einfach mein Inneres einschalten und sagen, nun glaub mal schön. Wie soll ich eine Überzeugung bekommen, die ich nicht habe? Ich selber kenne dieses Gefühl. Es war in den Tagen, als ich noch kein Christ war und mit der Frage kämpfte, ob ich denn akzeptieren kann, dass es ein höheres Wesen Gott überhaupt gibt. Ich las in der Bibel und musste feststellen, dass diese Frage dort gar kein Thema war. Eines Tages habe ich das für mich selbst zusammengefasst mit dem Satz: „Um an Gott glauben zu können, musst Du an Gott glauben“.

Für die Menschen damals bei Jesus war es nicht die Frage nach Gott an sich, sondern die Frage, wer denn der Messias ist, die zu entscheiden war. Wie identifiziere ich den wahren Messias. Insofern ist das Verlangen, ein Zeichen zu sehen, durchaus verständlich. Gottes Abgesandter soll sich legitimieren. Er soll Dinge tun, durch den er sich ausweist.

Aber der Text zeigt, dass die Menschen ganz so ehrlich doch nicht sind. Nicht ohne Hintersinn fragen die Leute nach einem bestimmten Zeichen. War das Zeichen der Speisung der 5000 denn nicht genug? Nein, offensichtlich nicht. Und da erinnern sich die Leute an ein Geschehen, das ihren Absichten besonders gut passt. Mose hat ja auch das Volk Israel ernährt, 40 Jahre lang, Tag für Tag. Das Brot des Himmels, das Manna war das Zeichen, mit dem sich Moses beglaubigte, mit dem er die Gedanken des Volkes Israel von den Fleischtöpfen Ägyptens ablenkte. So ein Zeichen würde den Leuten jetzt auch gefallen. Und daher sagen sie „Was für ein Werk tust du? 31Unsre Väter haben in der Wüste das Manna gegessen, wie geschrieben steht (Psalm 78,24): «Er gab ihnen Brot vom Himmel zu essen“

Jesus versucht weiter, sein Ziel zu erreichen, den Blick der Leute abzulenken auf den hin, der hinter allem steht. Er antwortet: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Nicht Mose hat euch das Brot vom Himmel gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel. 33Denn Gottes Brot ist das, das vom Himmel kommt und gibt der Welt das Leben“ Und jetzt entlarven sich die Leute selbst, jetzt rücken sie heraus, worum es ihnen geht. Sie sagen: „Herr, gib uns allezeit solches Brot“ Es ist weiterhin der Bauch, der sie regiert. Sie wollen alles haben und das allezeit und demonstrieren dabei, dass sie vom Verstehen immer noch weit weg sind. Sie haben immer noch das normale Essen im Sinn, von dem man isst, wonach man aber weder hungrig wird. Bei solchem Essen ist es eben nötig, immer wieder neue Essensquellen zu suchen und immer wieder zu essen. Gott wollen sie dabei gerne in Kauf nehmen, aber das leibliche Wohl geht vor.

Die Spaltung

Doch Jesus lässt sich nicht abbringen von seiner Botschaft. Jetzt kann er nur noch Klartext reden und beschwört damit eine Spaltung herauf. Er sagt eines der Selbstzeugnisse von sich „Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten“. Ich glaube nicht, dass die Menschen ihn verstanden haben. Sie sind immer noch mit ihrem Bauch beschäftigt und Jesus sagt solch merkwürdige Worte. Und tatsächlich geht die Diskussion weiter, der Streit spitzt sich zu. Ab Vers 41 heisst es „41Da murrten die Juden über ihn, weil er sagte: Ich bin das Brot, das vom Himmel gekommen ist, 42und sprachen: Ist dieser nicht Jesus, aJosefs Sohn, dessen Vater und Mutter wir kennen?“

Die Aussagen Jesu fangen an zu wirken. Die Ungeheuerlichkeit seiner Behauptungen werden langsam deutlich. Hier geht es nicht um Essensbeschaffung, hier geht es um das ewige Leben, um die Auferstehung, hier geht es um Dinge, die Gott vorbehalten sind, nicht irgendeinem dahergelaufenen Zimmermannssohn. Doch Jesus war niemand der vor einer geistlichen Schockaussage zurückschreckte. Statt zu schlichten, setzt er noch eines oben drauf, jetzt wird er wirklich ungeheuerlich. Ab Vers 54 bekennt Jesus: „54Wer amein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, der hat das ewige Leben, und ich werde ihn am Jüngsten Tage auferwecken. 55Denn mein Fleisch ist die wahre Speise, und mein Blut ist der wahre Trank. 56Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, der bbleibt in mir und ich in ihm.“

Solches Reden bringt das Fass dann zum Überlaufen. In Vers 60 erzählt Johannes: „60Viele nun seiner Jünger, die das hörten, sprachen: Das ist eine harte Rede; wer kann sie hören? „ und dann in Vers 66 „66Von da an wandten sich viele seiner Jünger ab und gingen hinfort nicht mehr mit ihm“ Jesus trennt mit seiner Rede die Mitläufer von denen, die zu ihm halten, ein wichtiger und dennoch trauriger Wendepunkt. So lange Jesus der jüdische Rabbi war, der in der Tradition und mit den Methoden der damaligen Zeit Gott verkündete, war er der bewunderte Superstar, dem die Massen zu Füßen liegen, aber jetzt, wo er beginnt, seine Mission deutlich zu machen, wo er den gewohnten Bildern der Menschen zu widersprechen beginnt, da ruft er die Trennung hervor.

Und diese Trennung hat bis heute nicht aufgehört. Es wäre jetzt wesentlich naheliegender über die Verse 54 und folgende zu predigen, die so offensichtlich mit dem Abendmahl zusammenhängen. Ich würde damit automatisch auf das unterschiedliche Verständnis des Abendmahls innerhalb des Christentums kommen, etwas, was uns Christen auch heute noch trennt und an der Einheit hindert. Aber um so eine Predigt zu halten, müsste ich mir erst noch ein Semester lang von Anna die katholische Theologie erklären lassen und deshalb verschiebe ich so eine Predigt auf später. Ich komme lieber auf unseren heutigen Predigttext zurück, auf das Bild vom Brot des Lebens, das den Hunger stillt für immer.

Was ist das Brot?

Brot ist ein Grundnahrungsmittel. Wir müssen Nahrung zu uns nehmen, um zu leben und der Lebenshunger treibt uns dazu zu essen. Das haben wir mit jedem lebenden Wesen gemein, ja Leben ist unter anderem geradezu dadurch definiert, dass es Energie braucht und verbraucht und damit auch eine Energiezufuhr braucht. Jesus verspricht uns das ewige Leben, das immerwährende Leben bei Gott. Aber ewiges Leben benötigt eine ewige Energiezufuhr. Seit jeher träumen die Menschen von so einer nie versiegenden Nahrungsquelle, sei es das Tischlein Deck Dich, das sich neu auffüllt, wenn man leergegessen hat, sei es das Schlaraffenland, in dem einem die gebratenen Hühnchen nur so in den Mund fliegen.

Für die Menschen zu Jesu Zeiten war das eine ganz konkrete Wunschvorstellung. Sie meinten, man bräuchte nur das tägliche Sorgen ums Essen überwinden, um endlich ein glückliches Leben führen zu können. Daher auch das konstante Denken an den Bauch. Aber die Leute kannten die Bedürfnispyramide von Maslow noch nicht. Maslow ist einer der moderneren Psychologen, die versucht haben, herauszufinden, wie und womit man Menschen motivieren kann. Er hat behauptet, dass Menschen ihre Bedürfnisse in 5 Stufen zu erfüllen suchen, wobei jede Stufe erst einmal vollständig befriedigt werden muß, bevor die nächste Stufe ihre motivierende Kraft erlangt.

An unterster Stufe steht dabei das Bedürfnis nach Essen, Trinken, Atmen und Schlafen, also die Bedürfnisse, die den Körper am Leben erhalten. An zweiter Stelle steht nach Maslow das Bedürfnis, sicher zu leben, also Schutz, Vorsorge und Angstfreiheit, an dritter Stelle steht die Sehnsucht nach Gemeinschaft, also Liebe, Zugehörigkeit, Kontakt. An vierter Stelle das Bedürfnis nach Anerkennung und Macht und schliesslich an letzter Stelle das Steben nach Selbstverwirklichung, also das Bedürfnis, sich selbst Anerkennung schenken zu können.

Wir sehen also, auch nach der modernen Psychologie braucht der Mensch mehr zum Leben als das tägliche Brot. Das wusste auch Jesus. Und er wusste auch, dass die Menschen mit ihrem Streben nach dem täglichen Brot zu kurz dachten. Heute leben wir praktisch im Schlaraffenland. Hunger ist in den letzten Jahrzehnten bei uns selten geworden, vielleicht sogar ganz verschwunden. Aber sind die Menschen glücklicher geworden? Anscheinend nicht. Ist der Hunger gestillt, bewohnt man ein schönes Haus, hat man viele Menschen um sich herum, kann man sich in seinem Haus sicher fühlen, dann merkt man, dass trotzdem noch etwas fehlt.

Und Jesus sagt auch ganz klar, was fehlt. Der Kontakt zu Gott fehlt, zu dem, der all die Bedürfnisse befriedigen kann, die wir nach Maslow haben. Gott gibt uns zu essen und zu trinken, er schützt uns, er bietet uns Gemeinschaft, er liebt uns und ist stolz auf, das, was wir erreichen und er gibt uns Ziele, mit denen wir das werden können, was in uns steckt. Aber Gott ist auch unsichtbar, unverstehbar, unnahbar, er ist eben so fern, dass es den Menschen schon immer schwer gefallen ist, Gott wirklich als den anzuerkennen, der das Ziel unserer Bedürfnisse ist.

Und genau hier kommt Jesus ins Spiel. Durch ihn wird Gott greifbar, erfahrbar, erkennbar. Jesus ist ganz Mensch und kann damit auch als Mensch verstanden werden. Genau das, denke ich, meint Jesus auch, wenn er sagt „ich bin das Brot des Lebens“. Natürlich steckt in diesem Spruch auch sein Opfertod, die Tatsache, dass er uns den Weg zum Leben überhaupt frei macht, aber ich glaube es steckt auch die Aussage dahinter, dass wir über ihn den Kontakt zu Gott bekommen und damit zu dem, der uns das Leben überhaupt möglich macht.

Praktische Konsequenzen

So weit denke ich, habe ich sehr richtige Dinge gesagt, doch die Frage bleibt, was haben wir davon? Ist es nicht so, dass wir trotzdem arbeiten müssen, um essen und trinken zu können, ist es nicht so, dass unser Körper wieder Hunger und Durst bekommt, auch wenn wir uns an Gott wenden, wenn wir beten. Ist es nicht so, dass auch bei uns Menschen vereinsamen, das Gefühl haben, nicht dazu zu gehören und Gott nicht greifbar ist?

Ja, das gibt es auch bei uns, auch wir müssen uns noch bemühen um das tägliche Essen, um den Schutz, den wir suchen, um die Gemeinschaft, die wir brauchen. Von allein fliegt uns nichts zu. Ich bin davon überzeugt, dass das Jesus auch wusste. Er wollte den Menschen auch nicht sagen, dass sie aufhören sollen, um ihr tägliches Dasein zu kämpfen. Er wollte ihnen sagen, dass das nicht alles ist. Er betont: „Es gibt noch mehr, als dieser Kampf ums Dasein“. Ihr habt eine Hoffnung, die mehr ist als die nächste Mahlzeit, ihr habt die Aussicht auf das ewige Leben.

Wir wissen nicht, wie dieses ewige Leben genau aussehen wird, auch dann nicht, wenn wir die Bibel sehr genau studieren. Dazu sind die entsprechenden Stellen zu zweideutig und zu bildhaft. Wir wissen, dass es ein glückliches Leben ohne Leid sein wird. Essen – gemeinsames Essen und feiern wird eine grosse Rolle spielen.

Aber es ist auch gar nicht wichtig, wie dieses Leben genau aussehen wird, wichtig ist, dass es Leben ist, möglicherweise das richtige Leben und nicht nur so eine Art Vorstufe wie heute und hier. Und wer weiss, dass ein solches Leben auf einen wartet, der geht auch ganz anders mit dem jetztigen Leben um. Es besteht zwar die Gefahr, dass man die Hoffnung als Vertröstung missbraucht, so wie es viele Machthaber zu allen Zeiten getan haben, aber letztlich geht es darum, nicht in der Angst um das eigene Leben, eben dieses eigene Leben zu verpassen.

Und das geschieht auf drei Arten und Weisen, die uns als Christen die Kraft zum Leben geben kann. Einmal direkt durch das Gespräch mit Gott, durch das Gebet durch die persönliche Beziehung zu Jesus. Ihm dürfen wir unsere Bedürfnisse sagen, ihm dürfen wir erzählen, was uns fehlt, bei ihm dürfen wir uns ausweinen. Manchmal wird Gott uns allein durch dieses Gespräch helfen, manchmal wird er uns direkt Wege zeigen, wie wir unsere Probleme überwinden können und machmal wird er ganz einfach ein Wunder für uns tun, um uns zu helfen.

Als Zweites beauftragt er uns als Gemeinschaft zu helfen. Jeder ist angehalten, seinen Nächsten zu lieben. Das schließt Fürsorge und Diakonie ein. In der Gemeinschaft sollen wir Beziehungen pflegen und uns umeinander kümmern. Auch dadurch wird vielen geholfen in der Not.

Und als Drittes kann Gott uns auch dazu befähigen loszulassen von dem, was wir wünschen. Er kann uns befähigen, mit dem Mangel zu leben, uns damit abzufinden, dass wir das, was wir wollen, eben nicht bekommen. Sogar Paulus hat vergeblich von Gott erbeten, von einem Leid befreit zu werden, aber er wurde nicht davon befreit, er wurde befähigt, damit zu leben.

Welches auch immer die Art und Weise ist, mit der uns Gott zum Leben befähigt, eines ist sicher: Bei ihm finden wir es.

Amen