Predigt über Mat. 24, 1-14

Einleitung:

Vor zwei Monaten ging eine Schlagzeile durch die wissenschaftlich geprägten Publikationen, die sich merkwürdig anhörte: „Das Ende ist näher als man glaubte“. Solche Worte ist man im christlichen Umfeld ja gewohnt, aber im Spektrum der Wissenschaft oder auf www.wissenschaft.de hört sich das doch recht merkwürdig an. Waren die Wissenschaftler plötzlich von den Endzeitreden der Bibel beeinflusst?

Nicht ganz. Dahinter steckt eine neue Untersuchung, was mit unserer Sonne passiert, wenn sie älter wird und ihr Brennstoff – der Wasserstoff – langsam zu Neige geht. Schon seit län-gerem war bekannt, dass sich die Sonne gegen Ende ihres Lebens – so in etwa 5 Milliarden Jahren – in einen roten Riesen verwandeln wird, der so groß ist, dass die Erde vermutlich in der Sonne verglühen wird. Die besagte Untersuchung hat nun berechnet, dass die Sonnen-aktivitäten aber schon lange vorher deutlich zunehmen werden. Das wird zur Folge haben, dass bereits in etwa 500 Millionen Jahren kein höheres Lebewesen mehr auf der Erde exi-stieren wird. Wir haben also gar nicht mehr 5 Milliarden Jahre lang Zeit, sondern lediglich nur noch etwa 500 Millionen Jahre.

Heute ist der zweite Advent und an diesem Tag mutet uns der Bibelleseplan zu, über das Ende aller Dinge nachzudenken. Der Predigttext für den heutigen Tag steht in Mat. 24, die Verse 1-14:

Der Predigttext, Mat. 24, 1-14

Als Jesus den Tempel verlassen hatte, wandten sich seine Jünger an ihn und wiesen ihn auf die gewaligen Bauten des Tempels hin. (2) Er sagte zu ihnen: Amen, das sage ich Euch: Kein Stein wird hier auf dem anderen bleiben, alles wird niedergerissen werden.

(3) Als er auf dem Ölberg saß, wandten sich die Jünger, die mit ihm allein waren, an ihn und fragten: Sag uns, wann wird das geschehen und was ist das Zeichen für Deine Ankunft und das Ende der Welt. (4) Jesus antwortete: Gebt acht, dass euch niemand irreführt! (5) Denn viele werden unter meinem Namen auftreten und sagen: Ich bin der Messias und sie werden viele irreführen. (6) Ihr werdet von Kriegen hören und Nachrichten über Kriege werden Euch beunruhigen. Gebt acht, laßt Euch nicht erschrecken. Das muß geschehen. Es ist aber noch nicht das Ende. (7) Denn ein Volk wird sich gegen das andere erheben und ein Reich gegen das andere und an vielen Orten wird es Hungersnöte und Erdbeben geben. (8) Doch das alles ist erst der Anfang der Wehen.

(9)Dann wird man euch in große Not bringen und euch töten und ihr werdet von allen Völ-kern um meines Namens willen gehaßt. (10) Dann werden viele zu Fall kommen und einan-der hassen und verraten. (11) Viele falsche Propheten werden auftreten und sie werden viele irreführen. (12) Und weil die Mißachtung von Gottes Gesetz überhand nimmt, wird die Liebe bei vielen erkalten. (13) Wer jedoch bis zum Ende standhaft bleibt, der wird gerettet. (14) Aber dieses Evangelium vom Reich wird auf der ganzen Welt verkündet werden, damit alle Völker es hören, dann erst kommt das Ende

Die Bedeutung des Tempels

Die Endzeitreden sind in den Evangelien Matthäus, Markus und Lukas die letzten Reden Jesu vor dem Beginn der Passion, also dem letzten Abendmahl und dem Verrat des Judas. In allen drei Evangelien wird diese Rede eingeleitet von der Ankündigung der Zerstörung des Tempels von Jerusalem, ein Ereignis, das im Jahre 73 n. Chr.die gesamte jüdische und da-malige christliche Welt erschüttert hat. Der Tempel war das Symbol der Gegenwart Gottes auf Erden und das Symbol der Selbstbestimmung und Unabhängigkeit des Staates Israel. Er war nach der ersten Zerstörung durch Nebukadnezar im Jahre 587 v. Chr. in den Jahren 538 v. Chr. bis 515 v. Chr. wieder aufgebaut und durch Herodes den Großen kurz vor der Geburt von Jesus deutlich erweitert worden.

Auf den Tempel konzentrierte sich die messianische Hoffnung der Juden und die Erwartung des Kommens eines Messias, der die Römer militärisch besiegen und die alte Größe des Staates Israel wiederherstellen würde. Doch das Gegenteil tritt ein, der Aufstand der Juden unter dem falschen Messias Simon Ben Giora wird von Titus niedergeschlagen und der Tempel so zerstört, dass an eine staatliche Einheit der Juden in den folgenden 1900 Jahren nicht mehr zu denken ist.

Der biblische Vergleich

Für die Jünger war klar: Wenn so etwas eintritt, dann kann das nur gleichbedeutend sein mit dem Ende der Welt selber. Also fragen sie Jesus in diese Richtung: „wann wird das gesche-hen und was ist das Zeichen für Deine Ankunft und das Ende der Welt“. Bei Markus und Lu-kas fragen sie noch ganz direkt auf dieses Ereignis bezogen: „Sage uns, wann wird das ge-schehen? Und was wird das Zeichen sein, wenn das alles vollendet werden soll?“ Bei Mar-kus und Lukas ist also die Frage ganz auf diese Ankündigung der Zerstörung des Tempels gerichtet, kein Wort ist eingestreut davon, dass das Ende der Welt eventuell davon abge-koppelt ist und dass das Ende der Welt mit der Wiederkunft Jesu verbunden sein wird.

Es fragt sich tatsächlich, was die Jünger zu diesem Zeitpunkt bereits gewusst oder geahnt haben. Eine Frage wie „was ist das Zeichen für Deine Ankunft und das Ende der Welt“ zeugt von einer theologischen Einsicht, die den Jüngern zu der Zeit vor der Auferstehung Jesu nur sehr schwer zugemutet werden kann. Klar, Jesus hatte sein Sterben und Auferstehen bereits 3 mal angekündigt, aber er war auf massives Unverständnis bei den Jüngern gestossen. Und das Verhalten der Jünger während der Kreuzigung zeigt ganz deutlich, dass sie sehr weit weg vom Begreifen gewesen waren.

Erst mit der Auferstehung kam bei den Jüngern das Begreifen der Zusammenhänge und das lässt Matthäus in seinem Text mit einfliessen. Er formuliert die Frage der Jünger prägnanter, eindeutiger, so dass der Leser nicht in einer so offenen Situation stehen bleibt, wie bei Mar-kus und Lukas, wo einfach nicht klar ist, ob die Frage sich nun ausschliesslich auf die Zerstö-rung des Tempels oder auf das ganze Ende der Welt oder auf beides bezieht.

Jesu erste Antwort

Jesu Antwort trifft nun tatsächlich auf beide Fragen zu, auf die Zerstörung des Tempels und auf das Ende der Welt. Zunächst betont Jesus, dass viele Irrlehrer und Propheten auftreten werden, die behaupten werden, der wiedergekommene Messias zu sein und viele werden verführt werden. Es ist die Rede von Kriegen, die einen erschrecken, von Volksaufständen und Unruhen, von Hungersnöten und von Erdbeben. In dieser Aufzählung und der Formulie-rung gleichen sich die Worte in den drei Evangelien fast wörtlich.

Die Botschaft von Jesus ist klar, lasst Euch nicht verführen. Aber er kündigt auch an, dass trotz seiner Worte gerade dieses passieren wrd, viele werden auf die Irrlehrer und viele wer-den auf ihre Ängste hereinfallen. Es könnte fast resignierend klingen, so wie ein Vater zu seinem Kind sagt: „Ich weiss, dass Du nicht auf mich hören wirst, aber ich sage Dir, tu das nicht“. Aber Jesus will seinen Fürsorgeauftrag erfüllen, er möchte, dass die Seinen auf ihn hören, also warnt er hier eindringlich.

Doch wovor warnt er eigentlich. Wo ist das Problem? Was ist so schlimm daran, Irrlehrern nachzulaufen oder sich von seiner Angst besiegen zu lassen? Dazu müssen wir nur einfach auf die Irrlehrer schauen, die wir aus unser heutigen Zeit kennen, denn jede Zeit hat ihre Irrlehrer. Da wäre zum Beispiel San Yun Mun, der vor vielen Jahren die Mun-Sekte gründete und eine grosse Anhängerschaft hinter sich scharte. Mun behauptete offen, der wiederge-kommene Messias zu sein und dass die Leute dadurch, dass sie ihm nachfolgen, gereinigt und damit gerettet werden. Ich habe selber einmal einige Zeit mit einer Mun-Anhängerin dis-kutiert. Sie war der festen Überzeugung, dass sie allein durch Mun Jesus überhaupt ver-standen hat und sie schien glücklich dabei zu sein. Am Ende konnte ich sie nur traurig zie-hen lassen, nachdem selbst der Hinweis auf unseren Predigttext sie nicht davon überzeugen konnte, dass sie einem Irrlehrer aufgesessen ist.

Seitdem bin ich überzeugt, dass es wenig bis gar keine direkten äusserlichen Anzeichen dafür gibt, wenn jemand sich verführen hat lassen. Diese Menschen sind einfach nur Men-schen, die einen Halt suchen und hoffen, dass sie ihn in den Irrlehrern gefunden haben. Aber das Problem ist das des Fundaments und das, was die Irrlehrer eigentlich wollen. Von Bag-wahn ist bekannt, dass sein Hobby RollsRoyce waren. Nur so zum Spaß hat er sich insge-samt 64 dieser Wagen gekauft, allesamt bezahlt von dem Geld, das seine Anhänger ihm erarbeitet haben. Das ist das erste Problem mit Irrlehrern, sie predigen nicht für Gott, sie verkünden keinen Jesus, sie verkünden sich selber. Es geht ihnen um ihren Ruhm und ihren Reichtum und wer ihnen nachläuft, der muss dies bezahlen, mit seinem Geld, mit seiner Zeit und vor allem, mit seiner Hoffnung auf ewiges Leben.

Denn das Fundament, das die Irrlehrer zu bieten haben, ist das von Menschen, nicht gebaut für die Ewigkeit, sondern schwach und vergänglich. Dies wurde mir in der letzten Zeit wieder nur zu klar, als eine mir nahestehende Frau in eine tiefe Depression fiel, weil die Ehe, auf die sie sich so lange gestützt hatte, in eine Krise geriet. In den folgenden Gesprächen zeigte sich, dass der Ehemann immer stärker davon abgestossen gewesen war, seine Frau tragen zu müssen, dass der Halt, den sie sich erhofft hatte, immer schwächer wurde. Und das Er-gebnis war fast zwangsläufig ein Bruch und der darauf folgende Fall. So kann es gehen, wenn man sich von Menschen abhängig macht und spätestens im jüngsten Gericht wird man zu hören bekommen: „Wer ist denn Mun, wer ist denn Bagwahn, ich kenne diese nicht“.

Die Irrlehrer sind also eine konkrete geistige Gefahr, doch warum warnt uns Jesus auch, sich nicht zu fürchten, ist es denn schlimm Furcht zu haben? Nein, kann ich nur sagen, Angst ist etwas, was wir manchmal eben haben. In Joh 16, 33 sagt Jesus „In der Welt da habt ihr Angst, doch siehe, ich habe die Welt überwunden“. Trotzdem sagt Jesus hier „erschreckt nicht“, „fürchtet Euch nicht“. Denn Furcht ist ein schlechter Ratgeber. Wer von Furcht befal-len ist, ist beeinflussbar, klammert sich an treibende Holzscheite, selbst wenn diese einen direkt in den Strudel tragen. Wenn also die Zeichen auf Sturm stehen, wenn wir von Kriegen, Hungersnöten, Aufständen und Erdbeben hören, dann sollen wir gewappnet sein, denn das sind Vorzeichen des Endes und wenn es nahe ist, muss eventuell gehandelt werden.

Welches Ende?

Doch welches Ende meint Jesus denn nun, das der Zerstörung des Tempels oder das Ende der Welt? Ganz einfach, beides. Denn wenn wir die Apostelgeschichte aufmerksam verfol-gen, dann werden wir feststellen, dass die Vorausankündigungen Jesu in der Zeit vor der Zerstörung des Tempels eingetroffen sind. Irrlehrer haben die ersten Gemeinden geplagt und die Briefe des Paulus, Petrus, Johannes und Jakobus zeugen mehr als genug davon. Eine in der Apostelgeschichte erwähnte weltweite – also das römische Reich umfassende – Hungersnot zeugt davon, dass das römische Reich erste Schwächen zeigte und Aufstände und Kriege gab es ebenfalls genügend, bis hin zu dem grossen Aufstand des sowieso immer unruhigen jüdischen Volkes, der zu der Zerstörung des Tempels führte.

Insofern betrifft Jesu Antwort also auch und insbesondere die Frage der Jünger nach der Zerstörung des Tempels. Aber Matthäus lässt die Jünger ja weiter fragen. Denn das Ende des Tempels ist nicht das Ende der Welt, das steht uns noch bevor. Und dieselben Anzei-chen, so Jesus, sind auch die Anzeichen für das bevorstehende Ende der Welt und die be-vorstehende Wiederkunft Jesu. Die ununterbrochene Linie der Irrlehrer wird also nicht abrei-ssen, Kriege werden nicht aufhören, Aufstände werden immer wiederkommen und Erdbeben und Hungersnöte werden immer wieder in den Nachrichten genannt werden.

Schaue ich zurück, dann bemerke ich, dass es wohl so etwas wie Modeerscheinungen gibt. Bagwahn ist schon tot und seine Anhänger von der Bildfläche verschwunden. Mun existiert wohl noch, aber man hat lange nichts mehr von seinem Wirken gehört. Aktuell dreht sich viel um die Scientology-Sekte und wenn die Vergangenheit ist, dann werden andere kommen und rufen „ich bin es“. Solche Sekten müssen auch nicht aufhören, die Mormonen und die Zeugen Jehovas haben auch einmal als Weltuntergangssekten angefangen, aber den Tod ihrer Gründer überlebt.

Insofern ist das Wort von Jesus für uns kein Zeichen, dass das Ende tatsächlich zeitlich un-mittelbar bevorsteht. Ob es nun morgen, nächstes Jahr, innerhalb der nächsten zehn Jahre oder innerhalb der nächsten 500 Millionen Jahre kommt, wissen wir an Hand der Ankündi-gungen Jesu nicht. Die Ankündigung ist eher eine Aufforderung wachsam zu sein, wie dies auch in den Gleichnissen von den törichten Jungfrauen, von dem treuen und bösen Knecht und von den anvertrauten Zentnern zum Ausdruck ist. Keinesfalls möchte uns Jesus hier etwas in die Hand geben, das uns ermöglicht, das Ende vorauszuberechnen, wie eine Son-nenfinsternis. Wenn Euch jemand begegnet, der behauptet, das zu können, den kann man ohne Probleme als Irrlehrer bezeichnen. Nein das Ziel von Jesus ist, uns wach, aufmerksam zu halten und in der Anstrengung und Aufmerksamkeit des christlichen Auftrags nicht nach-zulassen. Es gilt zu jedem Zeitpunkt bereit zu sein, unseren Herrn zu empfangen, egal wann er denn nun tatsächlich kommt.

Die Liebe wird erkalten

Im zweiten Teil seiner Antwort an die Jünger gibt es einen kleinen, aber interessanten Unter-schied in dem, was Matthäus berichtet und dem was Markus und Lukas berichten. In allen Evangelien betont Jesus, dass man die Christen verfolgen wird, dass die Bekenntnis zu Je-sus zu einem lebensgefährlichen Unternehmen wird und dass das Evangelium auf der gan-zen Welt verkündet werden muss, in diesen Punkten sind die drei Evangelisten glech. Doch während Markus und Lukas sich dann auf das Thema konzentrieren „was werden wir sagen, wenn sie uns vor Könige schleppen und vor Gericht stellen?“, bringt Matthäus eine eigene Formulierung „und weil die Mißachtung von Gottes Gesetz überhand nimmt, wird die Liebe bei vielen erkalten“.

Hier unterscheidet sich der Blick der Evangelisten. Während das Thema von Markus und Lukas sehr gut auf die Situation der frühen Gemeinden passt, auf das, was insbesondere Paulus erlebt hat, geht der Blick von Matthäus weiter. Was passiert mit der Gemeinde Jesu in der Anfechtung, was bedeutet es, den Kontakt zu verlieren, was für eine Folge hat es, wenn wir das, was uns als Gottes Gesetz bekannt ist, missachten? Die Liebe erkaltet und damit erlischt das entscheidende äusserliche Zeichen, das die Christen von ihrer Umwelt unterscheidet.

Doch beim Lesen des Textes habe ich gestutzt. Ist denn die Reihenfolge richtig: „Weil Gottes Gesetz missachtet wird, erkaltet die Liebe“? Sollte es nicht vielmehr anders herum heissen: „weil die Liebe bei vielen erkaltet, werden Gottes Gebote immer mehr missachtet“. Diese Reihenfolge scheint viel besser zu den anderen Aussagen der Bibel zu passen. Die Pharisä-er und Schriftgelehrten der Zeit der Bibel sind die besten Beispiele für Menschen, denen die Befolgung der Gebote sehr am Herzen lag. Diese Menschen haben peinlich genau darauf geachtet, alles zu erfüllen oder wenn möglich über-zu-erfüllen. Aber sie taten es aus Selbst-sucht, um sich selbst zu erhöhen und sie taten es ohne Liebe. Und aus ihrem Tun ist auch keine Liebe entstanden, was Jesus stark kritisiert hatte.

Und in 1.Kor. 13 schreibt Paulus in einem der wunderbarsten Texte der Bibel: „Wenn ich mit Menschen- und mit Engelszungen redete und hätte die Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle. Und wenn ich prophetisch reden könnte und wüsste alle Geheimnisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, so dass ich Berge versetzen könnte, und hätte die Liebe nicht, so wäre ich nichts. Und wenn ich alle meine Habe den Ar-men gäbe und ließe meinen Leib verbrennen und hätte die Liebe nicht, so wäre es mirs nichts nütze.“ Sagt das nicht klar, dass aus dem Befolgen der Gebote keine Liebe folgt, son-dern umgekehrt, nur mit der Liebe sind wir in der Lage, Gottes Gebote einzuhalten.

Tatsächlich ist dem so und wenn man darüber nachdenkt, dann ist das genau das, was Je-sus auch in unserem Text sagt. Obwohl ich doch in mathematischer Logik viel besser aus-gebildet bin als die meisten hier im Raum, habe ich mich doch von den umgangssprachli-chen Problemen einer Wenn-Dann Aussage aufs Glatteis führen lassen. Die Grundaussage, wenn man sie positiv formuliert, lautet: „Nur wenn ich von Gottes Liebe erfüllt bin, dann bin ich in der Lage, Gottes Gebote auch zu befolgen“.

Aber Jesus formuliert in unserem Text nicht die positive, sondern die negative Aussage. Und aus der mathematischen Logik weiss man, dass wenn man eine Wenn-Dann Aussage hat und diese verneint, also ins negative überführt, dann muss man die Reihenfolge umdrehen. Das bedeutet in unserem Zusammenhang genau die Reihenfolge, die auch bei Matthäus betont wird: „Wenn Gottes Gebote nicht befolgt werden, dann erkaltet die Liebe“.

Damit ist klar, dass ich weder durch das Tun von Geboten Liebe erzeugen kann, noch ist es so, dass jemand, der nicht von Liebe erfüllt ist, nicht in der Lage wäre, Gottes Gebote zu befolgen. Ich denke, wir kennen genügend Beispiele, die diese Erkenntnis unterstreichen.

Das Problem des Tuns

Doch haben wir mit genau dieser Erkenntnis unsere Probleme. Denn es geht ja nicht nur um die Beschreibung eines Zustandes, wie Matthäus das tut, sondern es geht uns doch darum, unser Leben so zu gestalten, wie es Gott gefällt. Und mit Liebe erfüllt werden kann man nicht tun, während das Erfüllen von Geboten etwas ist, was man wunderbar äusserlich sehen kann. Das treibt uns dazu, auf die Erfüllung der Gebote eben viel Wert zu legen, dies unse-ren Kindern auch weiterzugeben. Doch eben das kann ins Auge gehen, eben das kann zu Heuchelei, Pharisäertum und zu leerer Äusserlichkeit führen.

Man könnte vielleicht als analoges Beispiel die Aussage „Wenn die Sonne scheint, dann ist es warm“ nehmen. Aus dieser Aussage können wir, wenn es kalt ist, schliessen, dass die Sonne nicht scheint. Aber wir werden die Kälte nicht besiegen, indem wir versuchen zu hei-zen. Das wird immer nur vorübergehend und punktuell gelingen. Der richtige Weg wäre, da-für zu sorgen, dass die Sonne wieder scheint, aber gerade die lässt sich von unserer Mei-nung und von unserem Tun so wenig beeinflussen.

Und genau das ist die Schwierigkeit der Gemeinde in einer Welt, wo Gottes Gesetze immer weniger gelten und wo die Liebe immer mehr schwindet. Wenn in unserer Umwelt immer weniger Menschen Wert auf Gottes Gesetze legen, dann ist es auch für einen Christen schwierig, seinen Vorsätzen zu folgen, dann passiert ein Umdenken, ein weniger für Wert achten und dann wird es dazu kommen, dass auch in unseren Gemeinden die Liebe erkaltet. Darüber sollten wir uns nicht wundern, denn das hat Jesus vorgesagt.

Doch wenn es darum geht etwas dagegen zu tun, wird es problematisch. Zu sagen „Wir le-gen Wert auf Gottes Gesetze“ ist eben nicht ausreichend und letztlich auch nicht richtig. Richtig ist zu sagen, „Wir legen Wert auf Gottes Nähe, wir legen Wert auf die Liebe, die er uns geben kann“, dann werden uns seine Gesetze so wichtig werden, dass wir gar nicht mehr darüber nachdenken, ob es denn korrekt ist, dieses oder jenes Gesetz zu halten, wir werden es aus lauter Freude einfach tun.

Die Bedeutung der Endzeit

Und damit schliesst sich der Kreis zu unserem eigentlichen Thema. Kommt die Frage auf, ob wir denn in der Endzeit leben, dann lautet die Antwort: Selbstverständlich tun wir das und wir leben auch noch in einer Endzeit, selbst wenn Jesus erst in 500 Millionen Jahren wieder-kommt.

Denn das Ziel von Jesus bei der Belehrung seiner Jünger war nicht, sie in die Lage zu ver-setzen, das Ende zu berechnen und sich darauf einzustellen, sein Ziel war es, die Jünger auf die Hoffnung und Geduld hinzuweisen, die sie benötigen und sie wachsam zu machen, dafür zu sorgen, dass sie bereit sind.

Und das genau ist das Ziel, dem wir als Gemeinde auch entgegenstreben sollten. Wir sollten jederzeit bereit sein. Das bedeutet nicht, dass wir nicht planen sollen, dass wir nicht Ju-gendarbeit machen sollen und dass wir nicht Vorsorge treffen sollen. Denn gerade, weil wir nicht wissen, wann das Ende kommt, eben darum müssen wir auch mit der Möglichkeit rechnen, dass es noch etwas dauern wird. Ich halte auch nichts von den Argumenten, die aus der letzten Aussage in unserem Predigttext, dass erst das Evangelium in der gesamten Welt verkündet werden muss, ein Schlüssel zur Berechnung des Endes drehen wollen. Gott allein weiss, wann das sein wird und wir werden nicht in der Lage sein, ihm in die Karten zu schauen.

Aber wir sind in der Lage, jederzeit bereit zu sein. Wenn Jesus da ist, sollten wir gehen, ohne Bedauern, ohne Zurückblicken, mit Freude. Bis dahin sollen wir diese Freude schon heute umsetzen, in unserem täglichen Leben.

Amen